nd-aktuell.de / 28.09.2009 / Sport / Seite 13

Cadel Evans fährt zum Regenbogentrikot

Straßenradsport: WM-Titel an Australier / Frauensieg von Tatiana Guderzo / Judith Arndt Sechste

Tom Mustroph, Mendrisio

Aufatmen beim Bund Deutscher Radfahrer (BDR). Beim WM-Straßenrennen der Männer in Mendrisio (Schweiz) klappte zumindest die Anmeldung. Alle vorgesehenen neun Starter erhielten vom Radsport-Weltverband UCI die Zulassung. Beim Frauenwettbewerb hatte der BDR dagegen bei einem von sechs Namen gepatzt. Sarah Düster war vergessen worden und konnte daher nicht in den Wettkampf eingreifen.

Die 27-Jährige aus Wangen konnte sich lediglich damit trösten, die einzige gewesen zu sein, die bei den WM tagelang mit einem eigenen Transparent bedacht wurde. Radsportfans aus ihrer Heimatstadt postierten sich gut sichtbar im Start- und Zielbereich.

An Düsters Fehlen lag es nicht, dass ihre Kolleginnen das selbst gestellte Ziel einer WM-Medaille verpassten. Zu überlegen war die italienische Konkurrenz. »Wir waren ein Herz und vier Beine«, sagte

die neue Weltmeisterin Tatiana Guderzo über sich und die WM-Dritte Noemi Cantele.

Beide spielten mit dem Feld Katz und Maus. Erst attackierte Guderzo, dann Cantele, zuletzt wieder Guderzo. Die Leipzigerin Judith Arndt, als einzige Deutsche in der Schlussphase vorn geblieben, konnte diesem Dauerattacken nicht standhalten und wurde schließlich nach 124,2 km Sechste.

Die britische Titelverteidigerin Nicole Cooke riskierte in der Abfahrt zuviel und stürzte. Somit verhinderte nur die holländische Ausnahmefahrerin Marianne Vos einen totalen italienischen Triumph. Sie setzte sich im Sprint gegen Noemi Cantele (Italien) durch und wurde Vizeweltmeisterin.

Beim Männer-Straßenrennen am Sonntag über 262,2 km ließ der erwartete Zweikampf zwischen Italien und Spanien lange auf sich warten. BDR-Fahrer André Greipel (Köln) war in der ersten, durch insgesamt zehn Außenseiter gebildeten Ausreißergruppe vertreten. Sie wurde bis auf eine halbe Runde weggelassen. Bei einer Überrundung hätte das Peloton aus dem Rennen genommen werden müssen.

Im 12. von 19 Rennabschnitten machten die Italiener aber erstmals ernst. Mit Titelverteidiger Alessandro Ballan, Giovanni Visconti und Michele Scarponi initiierten gleich drei von ihnen eine Verfolgergruppe. Von den Spaniern war Joaquin Rodriguez vertreten, für den BDR immerhin der gebürtige Rostocker Paul Martens.

In wechselnden Konstellationen jagten 35 bis 40 Fahrer der auf acht Mann geschrumpften Spitzengruppe hinterher, während die großen Favoriten Damano Cunego (Italien), Alejando Valverde (Spanien) und Fabian Cancellara (Schweiz) sich gegenseitig im Feld neutralisierten.

Nach diversen Vorstößen bildete sich eine große Gruppe, in der auch vier Italiener sowie je drei Spaniern und Belgiern fuhren. Der belgische Ex-Weltmeister Tom Boonen versuchte sich sogar an einem Ausreißversuch. Das überraschte, denn er ist bei einem Sprint favorisiert. Verständlicher waren die mehrfachen Attacken des kolumbianischen Bergflohs Leonardo Duque. Doch niemand kam entscheidend weg.

Drei Runden vor Schluss wurde die Greipel-Ausreißergruppe gestellt. In der vorletzten Runde machten dann Cancellara und Cunego noch einmal Dampf und schlossen – begleitet von Alejandro Valverde und Alexander Winokurow – nach vorn auf. Der Kasache Winokurow attackierte eingangs der letzten Runde, wurde aber wieder eingeholt. Besser erging es Cadel Evans. Der Australier hielt bis zum Ende durch und veredelte eine bis dahin verkorkste Saison mit dem Weltmeistertitel.

Bei den Junioren (U 23) holte sich Romain Sicard (Frankreich) den Titel. John Degenkolb (Gera) kam als bester deutscher Fahrer auf Platz 20.

BDR-Vize Udo Sprenger war trotz des etwas unter den Erwartungen gebliebenen Resultats mit zweimal Bronze in den insgesamt sechs WM-Entscheidungen zufrieden: »Wir wollten drei Medaillen. Beim Frauenrennen hatten wir ganz fest mit einer gerechnet. Wir können aber konstatieren, dass sich unsere Fahrer gut verkauft haben. Der Einsatz hat gestimmt. Das zählt.« Die Fahrer haben zumindest einen Fehler weniger gemacht als die BDR-Funktionäre.

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