nd-aktuell.de / 29.10.2009 / Politik / Seite 1

Pionierauftrag erfüllt

Kandidatin in zweite Amtsperiode versetzt

Angela Merkel ist am Mittwoch vom Bundestag in ihre zweite Amtszeit als Bundeskanzlerin gewählt worden. Nach ihrer Ernennung durch den Bundespräsidenten wurden sie und ihre 15 Minister im Parlament vereidigt.

Berlin (ND-Reents). Angela Merkel war und ist in vielerlei Hinsicht eine Schrittmacherin: Die erste Frau an der Spitze einer Bundesregierung, die erste Ostdeutsche, Tochter einer aus Hamburg in die DDR übergesiedelten Familie, die erste Physikerin und das erste ehemalige Mitglied der Pionierorganisation Ernst Thälmann und der Freien Deutschen Jugend als Regierungschefin des mächtigsten Landes der EU. Jetzt kommt eine neue Pioniertat hinzu: Merkel ist die erste Kanzlerin, die es geschafft hat, den Koalitionspartner zu wechseln und Chefin zu bleiben.

Von den 622 Abgeordneten stimmten 323 für Frau Merkel. Das waren elf mehr als erforderlich, aber neun weniger als für Union und FDP im Bundestag sitzen. Beide Fraktionen waren vollzählig anwesend, während bei den drei Oppositionsfraktionen insgesamt zehn Abgeordnete fehlten. Unter den 285 Gegenstimmen und vier Enthaltungen befanden sich mithin neun aus der Koalition, die der Kanzlerin ihre Zustimmung verweigerten.

Die neue schwarz-gelbe Regierung Angela Merkels wird ihr Regierungsprogramm voraussichtlich am 10. November im Bundestag vorstellen. Dass die Bundeskanzlerin zuvor zu Gesprächen nach Paris, Brüssel und Washington aufbrechen wollte, regte vor allem die kleinste Bundestagsfraktion – die Grünen – auf. Sie sah darin eine »Missachtung« des Parlaments. Ihr Spitzenduo Renate Künast und Jürgen Trittin trat gemeinsam beleidigt mit SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier vor die Presse, was Journalisten nachfragen ließ, ob sie eine bürgerliche Vereinigung in der Opposition bilden wollten. Dementiert wurde es nicht, nur ertappt gelacht.

Demgegenüber konzentrierte sich die LINKE auf eine erste inhaltliche Auseinandersetzung mit der neuen Regierung. Mit Blick auf den schwarz-gelben Koalitionsvertrag warnte Fraktionschef Gregor Gysi: »Die soziale Spaltung wird tiefer werden.« Der Koalition fehle der Mut und der Wille, Steuergerechtigkeit herzustellen.