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Eine Steuer gegen Armut?

Detlev von Larcher fordert von den »Zockern« eine Finanztransaktionssteuer

  • Lesedauer: 3 Min.

ND: Eine von Attac mit initiierte Online-Petition fordert von der Bundesregierung die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Geht das überhaupt in einem Land?
von Larcher: Ja, als Börsenumsatzsteuer. So etwas gibt es auf dem Finanzplatz London und auch in New York. Aber es wird natürlich erst richtig sinnvoll, wenn man eine Transaktionssteuer international bzw. in der Euro-Zone einführt.

Ist mit dieser Steuer die Tobin-Tax gemeint, eine der Gründungsforderungen von Attac?
Unsere Forderung geht über die Tobin-Tax hinaus. Diese bezog sich nur auf Währungsumtausche. Die Finanztransaktionssteuer bezieht sich dagegen auf alles, was auf den Finanzmärkten gehandelt wird.

Wie soll sie konkret aussehen?
Bei jedem Geschäft auf den Finanzmärkten würde eine minimale Steuer an die nationalen Finanzbehörden abgeführt. Da alles elektronisch abläuft, kann man praktisch mit einer Software dafür sorgen, dass immer zwischen 0,1 und 0,5 Prozent abgezogen werden. Wir haben uns in dieser Online-Petition nicht auf einen Steuersatz festgelegt. Wenn es um die konkrete Ausgestaltung geht, werden wir uns da sicher auch richtig einmischen.

Wie viel würde das einbringen?
Bei einem Steuersatz von 0,1 Prozent international würde diese Finanztransaktionssteuer weltweit jährlich 735 Milliarden US-Dollar bringen, für Europa 321 Milliarden US-Dollar, für Nordamerika 314 Milliarden.Wir sagen ja, die Zocker auf den Finanzmärkten sollen die Kosten der Krise selber bezahlen. Dafür sollten die Einnahmen benutzt werden. Man könnte innerhalb von acht Jahren die Schulden aus der Bankenkrise und für die Investitionen begleichen, und in Europa würde es noch kürzer dauern. Zudem können die Millenniumsziele ganz einfach finanziert werden.

Die zentrale Krisenursache, ungehemmte Spekulation, würde diese Steuer aber nicht verhindern, oder?
Die Finanztransaktionssteuer ist sicher nicht das Lösungsmittel, um Finanzkrisen zu verhindern. Aber sie ist ein Baustein dabei, weil sie kurzfristige Spekulationen abbremst. Bei langfristigen Geschäften fällt dagegen ein so kleiner Steuersatz gar nicht ins Gewicht.

Die Steuer hebt das System nicht aus den Angeln. Warum ist es noch immer so schwierig, sie durchzusetzen?
Ja, das ist rational nicht zu erklären. Die Finanzlobby ist massiv dagegen, und die hat eben mächtigen Einfluss auf die Politik. Allerdings haben sich mittlerweile zahlreiche Spitzenpolitiker befürwortend dazu geäußert: die deutsche Bundeskanzlerin zum Beispiel und selbst der britische Premierminister Gordon Brown, der immer dagegen war. Insofern sehen wir jetzt ein Fenster, sie endlich durchzusetzen. Aber wir müssen Druck aufbauen. Das soll mit der Petition geschehen. Wenn wir 50 000 Unterschriften bis zum 3. Dezember bekommen, gibt es eine öffentliche Anhörung im Bundestag und dann wird erst recht Aufsehen erregt.

Petitionen sind gerade in Mode. Bisher gibt es rund 5000 Mitzeichner. Haben Sie nicht Angst, dass die Leute schon abgestumpft sind?
Bei den mehr als 40 Organisationen unseres Bündnisses ist die Kampagne jetzt voll angerollt. Insofern denke ich, dass wir das hinkriegen. Es sind doch alle entsetzt über ein 480-Milliarden-Euro-Rettungspaket für Banken, das die Steuerzahler bezahlen sollen.

Fragen: Ines Wallrodt

kurzlink.de/Petition_FTT
www.steuer-gegen-armut.org

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