Sdrawstwujte und Na shledanou

Bewegung bei Kulturzentren in Dresden: Russen kommen, Tschechen gehen wahrscheinlich

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.
In Dresden hat gestern das erste russische Kulturzentrum im deutschsprachigen Raum eröffnet. Die tschechische Repräsentanz fällt dagegen wohl Sparmaßnahmen in Prag zum Opfer.

Dresden sei eine Stadt »nicht weit von der russischen Grenze«. Das sagt in Dostojewskis Roman »Die Dämonen« der Terrorist Werchowenski, um seinem Komplizen die Stadt als Exil schmackhaft zu machen. Seit gestern ist der Abstand noch geringer geworden: In Sachsens Landeshauptstadt wurde das erste russische Kulturzentrum im deutschsprachigen Raum eröffnet. Es solle Anlaufpunkt für alle sein, die »unabhängig von ihrer Sprache oder Nationalität Interesse an der russischen Sprache und Kultur haben«, sagte dabei Wladimir Kotschin, Vizegeschäftsführer der Stiftung »Russkij Mir«.

Die Stiftung betreibt die Zentren, von denen bislang 40 existierten – etwa in China und Japan, Frankreich oder Polen. Sie wurde 2007 auf Erlass des damaligen Präsidenten Wladimir Putin ins Leben gerufen. Dass die erste Repräsentanz in Deutschland nun ausgerechnet in Dresden entstand, ist freilich nicht dem Umstand geschuldet, dass Putin – ebenso wie Dostojewski – einige Jahre in Dresden gelebt hat. Auslöser ist vielmehr, dass dort seit 17 Jahren das »Deutsch-Russische Kulturinstitut« besteht, das sich für kulturellen Austausch und Völkerverständigung einsetzt.

Sparkurs auch in Prag

In der Obhut des Instituts wurde auch das Kulturzentrum übergeben – ein Prinzip der Stiftung, erläutert Kotschin: Diese unterstütze mit der Einrichtung der Zentren »Organisationen und Institutionen, die bereits gute Arbeit geleistet haben«. Die Stiftung stellt Bücher und Publikationen, Technik und Internetzugänge zu Periodika und Sendern bereit.

Während es in der Villa des Instituts nun »Sdrawstwujte« (Guten Tag) heißt, muss das Tschechische Zentrum unweit des Goldenen Reiters wohl bald »Na shledanou« (Auf Wiedersehen) sagen. Noch weht Tschechiens Fahne an dem historischen Bürgerhaus. Doch der Mietvertrag sei zu Ende März gekündigt, bestätigt Hana Klabanová, die Leiterin der Einrichtung, die seit elf Jahren besteht und in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt die Kultur des Landes bekannt machen und Kontakte in Wirtschaft und Tourismus pflegen soll.

Damit könnte bald Schluss sein; Medienberichten zufolge wird das Zentrum geschlossen. Zwar verweist Klabanová auf Gespräche im Prager Außenamt, in dessen Regie die insgesamt 24 Zentren betrieben werden. Sie betont auch, die Kündigung der Räume »bedeutet nicht, dass es keine Tätigkeit mehr gibt«.

Doch die Folgen der Finanzkrise lassen dramatische Einschnitte befürchten. Das Parlament in Prag hat kürzlich ein drastisches Sparpaket beschlossen. Um das Defizit im Jahr 2010 auf etwa 164 Milliarden Kronen zu beschränken, was sechs Milliarden Euro und 5,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entspricht, muss auch in den Ministerien radikal gespart werden. Dem könnten zumindest einige der kulturellen Repräsentanzen zum Opfer fallen: »Die Budgets werden gekürzt«, sagt Klabanová.

Erwartungen an die Stadt

Auf die von einer Stiftung getragenen russischen Zentren dagegen hat der Zustand der Staatsfinanzen keine Auswirkungen; der laufende Betrieb obliegt allerdings zu einem Gutteil den Gastgebern, im Dresdner Fall dem Deutsch-Russischen Kulturinstitut. Das war bislang fast ausschließlich auf ehrenamtliche Arbeit und Förderprogramme der Arbeitsagentur angewiesen; nur 15 000 Euro im Jahr gibt die Stadt. Man hoffe, dass das Engagement Russlands nun zu einem »Aufwachen« führt, sagt Vorstandschef Wolfgang Schälicke: Es dürfe »nicht nur Lippenbekenntnis« bleiben, dass Dresden »Drehscheibe nach Osten« sein wolle.

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