Protest gegen Raumverbot

Israelischer Historiker erhält Unterstützung

  • Lesedauer: 2 Min.
Rolf-Henning Hintze, München

Der Historiker Ilan Pappe ist wegen seines Buches »Die ethnische Säuberung Palästinas« in seinem Heimatland Israel umstritten, während er im Ausland Anerkennung genießt. Auf Druck der Deutsch-Israelische Gesellschaft AG München war Pappe kürzlich die Zusage für einen städtischen Vortragsraum entzogen worden. Nun sieht sich OB Ude mit Protest konfrontiert.

Die Entscheidung der Stadt München, dem kritischen israelischen Historiker Ilan Pappe einen zugesagten städtischen Raum für einen Vortrag wieder zu entziehen, hat starken Widerspruch hervorgerufen. Die Stadt hatte die Maßnahme nach einer Intervention der Deutsch-Israelischen Gesellschaft verfügt, die eine »anti-israelischen Propagangaveranstaltung« befürchtete. Die Gesellschaft bemängelte, dass die Veranstalter nicht zusätzlich Professor Michael Wolffsohn eingeladen hätten.

Gegen das Raumverbot gibt es inzwischen eine Reihe von Protestschreiben. Die Hörfunkredakteurin Bettina Marx, die mehrere Jahre als ARD-Korrespondentin im Studio Tel Aviv tätig war, schrieb an Münchens Oberbürgermeister Christian Ude, Ilan Pappe sei ein angesehener Wissenschaftler, dessen Forschungen »kein vernünftiger Kenner des Nahen Ostens mehr in Zweifel zieht«. Ihm Antisemitismus oder jüdischen Selbsthass zu unterstellen, sei lächerlich. Seine Forschungsergebnisse anzuzweifeln, zeuge von Ignoranz. Die Journalistin und Buchautorin (»Gaza, Berichte aus einem Land ohne Hoffnung«) bedauerte, dass sich Ude dem Druck der Deutsch-Israelischen Gesellschaft gebeugt habe, »die seit Jahren mit zunehmendem Erfolg versucht, die Kritiker der israelischen Politik mundtot zu machen«. Die Bürger Münchens hätten ein Recht darauf, Wissenschaftler zu hören, die außer in Israel überall einen guten Ruf genössen. Zensurmaßnahmen seien einer aufgeklärten Stadt nicht würdig.

Das ehemalige Direktoriumsmitglied des Zentralrats der Juden in Deutschland, Rolf Verleger, wandte sich in einem Schreiben an den Münchner OB gegen die Kritik, der Arbeitskreis Palästina/Israel Salam Shalom habe als Veranstalter ausschließlich Ilan Pappe eingeladen und nicht ergänzend Professor Wolffsohn. Ironisch schrieb Verleger: »So genieße ich das Glück, dass mein Vortrag zu Judentum und Zionismus, in dem ausschließlich ich der Referent war und ich mich sogar öffentlich positiv auf Herrn Pappe bezog, im schönen Münchner Literaturhaus im März diesen Jahres noch stattfinden durfte. Ob das in Zukunft wohl anders sein wird? Vielleicht vermittelt die DIG München dann ja auch mir einen Partner.«

Während ein Sprecher der Stadt die Zahl der Protestschreiben an den Oberbürgermeister mit zwei angab, erklärte der Arbeitskreis, diese Zahl sei mit Sicherheit falsch, die Stadt habe Dutzende von Protestbriefen erhalten. Die Antwort der Stadt auf eine Anfrage der Grünen zum Verbot steht noch aus.

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