Fotos Kunst

Max-Beckmann-Preis für Barbara Klemm

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Sie machte aus ihrer Gabe ein Leben, die FAZ gab ihr die mediale Macht, es zu führen. Barbara Klemm, Jahrzehnte bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, erhält als erste Fotografin den Max-Beckmann-Preis. Als seien ihre Bilder Gemälde. Es sind Gemälde. Eines ihrer berühmten Fotos, Willy Brandt und Leonid Breshnew im Gespräch, umrahmt von Diplomatenstäben, ist Komposition. Aber es ist malerische Dramaturgie aus feinstem Gespür für Vorläufigkeiten, für die Kurzzeit von Passagen. Klemm hat in den Fingerspitzen ein Gefühl, das an die Blicknerven gekoppelt ist. Man darf das eine besondere Art der Netz-Haut nennen. Nie verlieren sich ihre Menschen – in Gemeinsamkeiten aufgenommen, bei Demonstrationen, Beerdigungen, Feierlichkeiten – in der Masse, immer sind es Vereinzelte, deren Ich freigelegt bleibt im Gruppen-Bild. So malt der meisterliche Mensch, dem kollektive Anlässe nur ein Durchgangsstadium für den Einzelnen bleiben. Der ein dauerndes Wesen zwischen Alleinsein und Einsamkeit ist.

Barbara Klemm aus Münster, die gestern übrigens siebzig wurde, ist nie eine Vorprescherin gewesen, sie brachte nie irgendwelche Absperrlinien ins Zittern, sie erkrankte nicht am Tempolauf der Sparte. Wahrscheinlich hatte sie das Glück, dass ihr Talent früh genug erkannt wurde, so etwas verschleißt man nicht im Tagesrumor, und wahrscheinlich ließ sie selber sich nicht vom Jagdfieber anstecken. Sie hat dem aktuellen FAZ-Foto in den Adel geholfen, auf Weltreisen und in stillen Winkeln. Kollegen rühmen ihre Unsichtbarkeit am jeweiligen Ort; und jener Arrangier-Gott, der im Fotografen-Wesen gern herumwildert, fand in ihr keinen Schlupf. Sie blieb die Unscheinbare, beinah Geheime, im Kleinbild das große Welttheater. Immer schwarzweiß, also von gestern, ein Werk, das zu Büchern wurde und bleibt, wenn die Rede von Kunst ist. hds

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