Solidarität mit Tekel wächst

Kundgebung in Berlin für Arbeiter des türkischen Ex-Staatsbetriebs

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.
In Berlin demonstrierten Deutsche, Türken und Kurden zusammen gegen die Massenentlassungen beim ehemaligen türkischen Staatsunternehmen Tekel. Auch Gewerkschaften hierzulande solidarisieren sich.
Mittwochabend – Kundgebung am Kotti
Mittwochabend – Kundgebung am Kotti

Sprechchöre in deutscher, türkischer und kurdischer Sprache schallten am Mittwochnachmittag durch Kreuzberg. Rund 100 Menschen hatten sich in Berlin mit dem Arbeitskampf der Beschäftigten bei Tekel solidarisiert. Seit der Privatisierung des ehemals staatlichen türkischen Tabakkonzerns protestieren fast 12 000 Arbeiter seit dem 15. Dezember gegen drohende Entlassungen und Verschlechterungen ihrer Arbeitsbedingungen.

Ein Sprecher des aus Gewerkschaftern sowie türkischen und kurdischen Vereinen bestehenden Solidaritätskomitees mit den Tekel-Beschäftigten berichtete über den aktuellen Stand des Arbeitskampfes. Der Streik habe in der Türkei schnell eine landespolitische Bedeutung bekommen. In ihm komme die zunehmende Unzufriedenheit mit der neoliberalen Wirtschaftspolitik der konservativ-islamischen Regierung zum Ausdruck. Wegen der großen Unterstützung in der Bevölkerung mussten sich mittlerweile die Verantwortlichen der Polizei für die Repression entschuldigen, mit der anfangs gegen die Streikenden vorgegangen worden war. Derzeit versucht die Regierung Zeit zu gewinnen, so die Einschätzung eines anderen Redners. Ein Vermittlungsversuch unter Beteiligung führender Gewerkschaften sei vor wenigen Tagen gescheitert, weil die Regierung nur über Entschädigungen verhandeln wollte.

Eine Gruppe von Arbeitern hat daraufhin einen ausgesetzten Hungerstreik wieder aufgenommen. Rufe nach einem Generalstreik in der Türkei werden immer lauter. Gleichzeitig hat der türkische Ministerpräsident Erdogan mit der baldigen Räumung der Zeltstadt in Ankara gedroht, in der sich die Streikenden aufhalten. Sie ist auch Anlaufpunkt für die Delegationen aus aller Welt geworden.

Inzwischen haben in vielen Ländern Solidaritätsaktionen begonnen – in Deutschland relativ spät, meinte Selahattin Yildirim gegenüber ND. Er ist Koordinator der Solidaritätsaktionen in Deutschland. »Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) unterstützt als Partnerorganisation der Tekel-Beschäftigten die Solidaritätsarbeit von Anfang an«, betont Yildirim. Vom DGB allerdings wünscht er sich noch eine wirkungsvolle Unterstützung. Auch der Berliner IG-Metall-Betriebsrat Mustafe Efe sprach sich auf der Berliner Kundgebung für eine stärkere gewerkschaftliche Unterstützung für die türkischen Kollegen aus. Er zog dabei auch Parallelen zur Situation in Deutschland. Kämpferische Gewerkschafter fühlen sich durch den Arbeitskampf in der Türkei motiviert, meinte Efe, der in einem Berliner Autowerk für eine linksoppositionelle Liste zur Betriebsratswahl kandidiert. Am kommenden Mittwoch ist in Berlin eine weitere Kundgebung geplant. In anderen Städten sind ähnliche Aktionen in Vorbereitung. Auch das Europäische Parlament will sich mit den Arbeiterrechten in der Türkei befassen, so Yildirim. Schließlich seien bei der Privatisierung der Tabakfabrik wesentliche Richtlinien der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) umgangen worden.

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