Kooperation statt Klassenkampf

Ausstellung über Christlich-Soziale im Deutschen Gewerkschaftsbund

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 2 Min.
Als Teil der Arbeiterbewegung werden sie kaum beachtet: Christliche Arbeitnehmervertreter im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB). Nun beleuchtet eine Ausstellung ihre Historie.
Plakate CDU-naher Gewerkschafter aus den fünfziger Jahren.
Plakate CDU-naher Gewerkschafter aus den fünfziger Jahren.

Ein ungewöhnliches Bild bot sich am Montag im Foyer des DGB-Hauses am Henriette-Herz-Platz in Berlin. Johanna Wanka, stellvertretende Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung und DGB-Chef Michael Sommer eröffneten gemeinsam die bis 26. Februar zu sehende Ausstellung »Christlich-Soziale im DGB«. Initiiert wurde die Exposition von der CDU-nahen Stiftung. Trotz vieler Konflikte mit den Konservativen bekennt sich der DGB hier zu seinen christlich-sozialen Strömungen.

Zehn Wandtafeln mit zahlreichen Kurzporträts informieren chronologisch über die Geschichte christlicher Gewerkschaften im 19. und 20. Jahrhundert. Der Besucher erfährt, dass der 1919 gegründete DGB damals ein Zusammenschluss christlicher Arbeitnehmervertreter war. Daneben existierten liberale und sozialistische Gewerkschaftsbünde. Erst 1949 wurde der DGB zum Dachverband für Gewerkschaften unterschiedlicher politischer Couleur.

Christlich-Soziale sind dort noch immer eine Minderheit. Von christlichen Soziallehren beeinflusst, beschreiten sie seit jeher einen Mittelweg zwischen marxistischem Klassenkampf und Laissez-faire-Liberalismus. Ihr Ziel ist eine »faire Partnerschaft von Kapital und Arbeit«. Diese Kooperationen waren meistens zum Vorteil des Kapitals. Doch die eher zurückhaltenden Forderungen christlich-sozialer Gewerkschafter gelten den Ausstellungsmachern als wirtschaftlich vernünftig. So wird behauptet, die Lohndisziplin der Gewerkschaften sei eine wichtige Voraussetzung für den westdeutschen Wirtschaftsaufschwung in den fünfziger Jahren gewesen.

Ebenfalls in diese Zeit fielen schwere Konflikte zwischen den Arbeitnehmervertretern. Da die DGB-Gewerkschaften überwiegend der SPD nahe standen, gründeten sich christliche Gewerkschaften außerhalb des DGB. 1959 entstand der Christliche Gewerkschaftsbund Deutschlands (CGB). Dennoch blieben die meisten Gewerkschaften der in der CDU organisierten Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) beim DGB.

Als Erfolge der Christlich-Sozialen hebt die Exposition die Arbeiteremanzipation und die soziale Marktwirtschaft hervor. Schattenseiten in ihrer Geschichte werden dagegen ausgespart. So wird über den katholischen Sozialethiker Franz Hitze nur berichtet, dass er 1890 die Arbeiterbildungseinrichtung »Volksverein für das Katholische Deutschland« gründete. Informationen über Kontakte des Geistlichen zu autoritär-monarchistischen Kräften, mit denen er als Politiker des Zentrums soziale Reformen zur Schwächung der revolutionären Arbeiterbewegung durchsetzte, sucht man vergeblich.

Dabei scheinen Sympathien für das wilhelminische Deutschland noch heute unter Christlich-Sozialen verbreitet zu sein. Bei der Ausstellungseröffnung wetterte CDA-Funktionär Gerald Weiß gegen die Folgen der Globalisierung. Unter Bismarck hätte der Nationalstaat noch die Auswüchse des Liberalismus zurückgestutzt. Dafür erntete Weiß auch von den anwesenden DGB-Gewerkschaftern Applaus.

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