nd-aktuell.de / 14.02.2010 / Kultur

Willkommen im Leben!

Charlotte Noblet
Servus! Wir sind jetzt im schönen Bayern, mitten in Schnee und Bergen. „Auf einem Abstellgleis".
Berlinale 2010: Willkommen im Leben!

Als „Abstellgleis“ beschreibt am Anfang der Doku einer ihrer jungen Teilnehmer die Work and Box Company in Taufkirchen bei München. Dort landen gewaltbereite straffällige junge Männer, „um zu sehen, wie es weitergeht“.

Sie nennen sich „aggressiv wie Pittbulls“, weil sie es zu Hause, im Leben oder auf der Straße nicht aushalten. Sie leben in einer Traumwelt, in der sie immer wieder die Regeln bestimmen, ohne aber träumen zu können. Und jetzt nehmen sie am Programm der Work and Box Company[1] teil, als letzte Alternative zum Knast.

Dort absolvieren die Jungen nicht nur Sozialstunden, sondern müssen ihr Leben in die Hand nehmen. Dafür wird hart geboxt, gesägt, geredet und aufgebaut. Die Herausforderung ist riesig: Die Jungen müssen es alleine schaffen, die alten Dingen loszulassen, die sie dahin gebracht haben, wo sie sind. Oft sind sie kurz vorm Ausflippen. Meistens zum ersten Mal mit echter Autorität und vor allem positivem Denken konfrontiert, lernen sie langsam, mit sich selbst und ihrer Geschichte Frieden zu schließen. Ganz allein und hart zwiegespalten.

Knapp ein Jahr haben die Jungen Zeit, um das „lieber gehe ich in den Knast“ aufzugeben, ihre „letzte Chance“ wahrzunehmen, auf eigenen Füßen zu stehen und sich ein Leben aufzubauen. 80 % der Teilnehmer am Programm der Work and Box Company schaffen es aber, sich aus der sogenannten Sackgasse herauszuholen, eine Ausbildungsstelle zu finden und dann ihren Weg zu gehen. Als Teil der Gesellschaft.

Der Film vom Regisseur Gerardo Milsztein zeigt ohne moralisch zu werten, dass es für diese von der Gesellschaft oft als verloren betrachteten jungen Männer doch Lösungswege geben kann. Die Doku und ihre Protagonisten klingen wie eine Art Alarmglocke in einer Zeit, in der so heftig über Jugendgewalt debattiert wird und immer härtere Gesetze als Lösungen vorgeschlagen werden.

Mögen die Berge aus Bayern das Echo dieses anderen Ansatzes verbreiten!

„Friedensschlag, das Jahr der Entscheidung“ – so lautet der Filmtitel – wird am 18.03. in die Kinos kommen und hatte bei der Berlinale seine Premiere.

Sektion Panorama: Programm[2]

Mehr Infos über den Doku: Katalog[3]

Links:

  1. http://www.hand-in.de/
  2. http://www.berlinale.de/de/programm/berlinale_programm/datenblatt.php?film_id=20104082
  3. http://www.berlinale.de/external/de/filmarchiv/doku_pdf/20104082.pdf