Così fan tutte

Wettbewerb: »Please Give«

  • Egon Günther
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein Familienstück oder wie ich es nennen soll. Nach wenigen Filmminuten traue ich der Filmemacherin nicht mehr so recht, ihren Mitkämpfern auch nicht. Es geht um die amerikanische Familie. Mittelstand. Man ist nicht zimperlich. Gleich in der ersten Einstellung werden in Großaufnahme in rascher Folge nackte, reife Frauenbusen auf einem Metallgestell arrangiert, vermutlich, um geröntgt zu werden. Das begreift man. Aber es ist recht spektakulär, und es geht auch nicht den ganzen Film über um dieses Thema. Der Anblick schockt. Ginge es, wie gesagt, darum, man nähme es hin. Aber nach und nach entwickelt sich das Ganze zu einem Familienstück und wie es in der Familie zugeht. Die Busen, ihr Anblick, sie sind gewissermaßen reif, schockieren. Aber man kommt erst ganz kurz vor dem Ende des Films wieder darauf zurück. Der Schrecken bleibt irgendwie aber im Zuschauer haften.

Nach und nach entwickelt sich die Filmstory, sie ist von der lustigen Art mit viel Skepsis. Und ich denke nicht, dass die Filmemacherin Nicole Holofcener nur die US-amerikanische Familie des sogenannten Mittelstandes auf die Schippe nehmen will, es gilt für alle in dieser Zeit. Man spürt den Anspruch. Ein bisschen Così fan tutte spukt mit. So oder so ähnlich geht es wenigstens auf der nördlichen Halbkugel unseres Planeten zu, auf der halben Erde. Nichts gegen diesen Anspruch, aber dazu passt diese spektakuläre erste Szene auch nicht so recht.

Gleichviel, es ist eine Draufsicht auf die amerikanische Familie von heute. Die Frau hält den Laden im Wortsinne zusammen. Sie kauft und verkauft Antiquitäten. Bestimmt die oft viel zu hohen Preise, leidet unter diesem Halbverbrechen und verteilt von Zeit zu Zeit Geldscheine unter den Armen, den Bettlern. Es sind richtige Bußgänge, die sie unternimmt, begleitet von ihrer nörgelnden Tochter, 14 Jahre, die gerne das Geld bekäme für eine sehr teure Jeans. Einmal hält das ungezogene Mädchen Geld zurück, verweigert es der Mutter. Dann ist da noch die alte Großmutter, sie lebt in der Familie am Rande, sagt immer die krasse Wahrheit und stirbt endlich. Der Vater geht ab und zu wohl fremd. Mehr als Normalitätsbeweis hat der Film nicht. Er hat was von Sex in the City, ist aber schlagfertiger. Am Ende bekommt das nörgelnde Mädchen doch noch die teure Jeans und freut sich vor dem Spiegel.

Es ist vielleicht der Anspruch, den dieser Film erhebt, im Grunde sei die amerikanische Familie heute so, geißele sie, wer mag und kann. Ein Woody-Allen-Film ist dagegen eine hoffnungsfrohe Veranstaltung. Aber was wissen wir schon genauer in unserem Europa über die anderen.

Fast hätte ich eine wichtige Sache vergessen, welche diesem Film so etwas wie formalen Sinn bescheinigt, handwerkliches Können. Ursula Karusseit, und so bekommt die erste Sequenz ihren Sinn, soll ein Busen abgenommen werden, ich meine nicht, unserer Ursula persönlich, sondern es ist in ihrer Rolle, die sie spielt. So erklärt sich auch die verstörende erste Szene mit den vielen Busen, aber keinen Gesichtern.

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