nd-aktuell.de / 03.03.2010 / Wirtschaft und Umwelt / Seite 17

2010 – gentechnikfreies Jahr?

Einige Bauern hoffen, dass EU die Genmaisaussaat zulässt / Genkartoffel bereits genehmigt

Susanne Götze
In Deutschland gilt ein Anbauverbot für den Genmais MON810. Trotzdem haben sich Bauern für den Anbau angemeldet. Sie hoffen, dass das Verbot kippt. Am Dienstag genehmigte die EU-Kommission zunächst den Anbau der Genkartoffel Amflora.

Noch sind die Äcker in Deutschland winterleer. Doch schon in zwei Monaten wird die Aussaat aufs Feld gebracht. Geht es nach einigen Bauern, soll auch 2010 wieder gentechnisch veränderter Mais angebaut werden. Rund 60 Anmeldungen sind bis Anfang Februar beim Standortregister des Bundesamts für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) eingegangen – denn Felder, auf denen gentechnisch veränderte Organismen (GVO) ausgesät werden, sind meldepflichtig. Doch eigentlich haben sich die Bauern umsonst registriert. Seit April 2009 ist der Anbau von MON810 in Deutschland verboten. Wird das Verbot nicht aufgehoben, gibt es 2010 keine Agrogentechnik auf deutschen Äckern. Denn MON810 war die einzige zum kommerziellen Anbau zugelassene GVO-Sorte.

Doch bis zur Aussaat im April kann noch einiges passieren: Die Klage des Herstellerkonzerns Monsanto gegen das Anbauverbot von Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) ist noch anhängig. Weder Verwaltungsgericht noch Ministerium wissen angeblich, wann die Verhandlung angesetzt wird. Die Gentechnikexpertin des Umweltverbandes BUND, Heike Moldenhauer, vermutet, dass es absichtlich hinausgezögert wird weil die Entscheidung politisch äußerst brisant werden kann. Geklagt hatten auch Bauern, die im vergangenen Jahr durch das späte Anbauverbot Ernteausfälle hatten.

Auch die EU könnte das deutsche Anbauverbot noch kippen: Für die Maissorte steht eine Wiederzulassung durch die EU-Kommission an, die schon von der europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) befürwortet wurde. Alle zehn Jahre muss die Zulassung von GVO-Pflanzen überprüft werden – MON 810 ist seit 1998 auf dem europäischen Markt. »Wenn die EU den Mais wieder zulässt, dann ist das deutsche Anbauverbot wirkungslos und muss erst wieder neu verfasst werden«, so Moldenhauer.

Der Pro-Gentechnik-Verband Innoplanta findet das Verbot unhaltbar und verweist auf die positive Einschätzung der EFSA. Die Behörde erklärte in ihrem aktuellen Bericht, dass es sehr »unwahrscheinlich« sei, dass MON810 einen »nachteiligen Effekt« auf seine Umgebung hat. Einzig bei der Wirkung des vom Mais produzierten Insektizids auf Schmetterlinge ist man sich da nicht so sicher.

Für Innoplanta ist das Genmaisverbot kaum mehr als ein Willkürakt, da diese Entscheidung »einzig der persönlichen Beurteilung der Ministerin« unterliege, wie es in einer Erklärung heißt. Tatsächlich hatte die bayrische Ministerin im Vorfeld der Bundestagswahl dem öffentlichen Druck, vor allem aus Bayern, nachgegeben. Aber es gibt auch seit Jahren immer wieder wissenschaftliche Studien, die eine negative Wirkung der Maissorte auf die Umwelt, aber auch bei Fütterungsversuchen nahelegen.

Sollten weder die EU-Kommission noch das deutsche Verwaltungsgericht bis April ein Machtwort sprechen, hätten die Bauern sich umsonst registriert und müssten auf ihren Feldern konventionelles Saatgut ausbringen – dann wäre 2010 GVO-frei. Allerdings gebe es immer noch die Freilandversuche, die der wissenschaftlichen Forschung dienen, schränkt Moldenhauer ein.

Gentechnikgegner wie -befürworter hatten zudem auf die Entscheidung der EU über die Zulassung der gentechnisch veränderten BASF-Kartoffel Amflora gewartet. Am Dienstag gab die Kommission grünes Licht. Bereits zuvor hatten EU-Mitgliedsstaaten Amflora zugelassen. In Mecklenburg Vorpommern wurde bereits eine Anbaufläche angemeldet. Die Anbauer äußerten sich nach der Entscheidung erleichtert, Umweltverbände und Parteien waren empört. Diese Entscheidung und die Zulassung von drei Genmaissorten von Monsanto zur Vermarktung als Lebens- und Futtermittel »brüskiert die gentechnikkritische Öffentlichkeit«, erklärte die Grüne Bundestagsabgeordnete Ulrike Höfken.