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Mehr Mehrfachtäter und weniger Intensivtäter

Wissenschaftliche Studie sucht nach neuen Wegen des Umgangs mit jugendlichen Straftätern

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Zahl der Intensivtäter in Brandenburg sinkt, die der Mehrfachtäter steigt jedoch gleichzeitig an. Justizminister Volker Schöneburg (LINKE) hat jetzt eine neue Statistik präsentiert. Danach zählte die Polizei im vergangenen Jahr 1240 Intensivtäter, das waren 1,7 Prozent aller Tatverdächtigen. Zwei Jahre zuvor waren es 1691 Intensivtäter, das heißt zwei Prozent aller Tatverdächtigen. Von einem Intensivtäter spricht man, wenn der Täter binnen eines Jahres an zehn oder mehr Straftaten nachweislich beteiligt war.

Dagegen stieg die Zahl der Mehrfachtäter in der gleichen Zeit deutlich an: Zwischen 2007 und 2009 von 25 155 auf 31 408. Ihr Anteil an der Gesamtzahl der Tatverdächtigen hat sich damit von 29,9 auf 43,3 Prozent erhöht. Mehrfachtäter sind Personen, die laut Minister »bereits im Zusammenhang mit einer gleichartigen oder anderen Straftat als tatverdächtig in Erscheinung getreten waren«.

Laut Schöneburg sind Intensivtäter Beschuldigte, die hinreichend verdächtig sind, den Rechtsfrieden besonders störende Straftaten, wie etwa Gewalt- und schwerwiegende Eigentumsdelikte, zu begehen. Bei ihnen besteht die Gefahr einer sich verfestigenden kriminellen Laufbahn. Die Staatsanwälte sind angehalten, das bei jeder neu hinzukommenden Straftat »eine intensivere Reaktion erfolgt«. Auf Verurteilung zu Gefängnisstrafen hat laut Schöneburg keinen Einfluss, ob ein Straftäter nun Intensiv- oder Mehrfachtäter ist. Vor zwei Jahren wurde das wissenschaftliche Projekt »Jugendliche Intensivtäter« gestartet. Ausgangspunkt der neuen Untersuchung waren kriminologische Studien sowie die Erfahrungen in der Praxis, die eine »hohe Straftatbelastung einer kleinen Gruppe von Jugendlichen bestätigen«. Die sinnvolle Reaktion auf bestimmte Formen von Jugendkriminalität wird derzeit in diesem Forschungsprojekt gesucht. Es geht auch um die Frage, ob das Jugendstrafrecht für Jugendliche Intensivtäter überhaupt die geeignete Antwort ist.

Täglich müssen Staatsanwälte entscheiden, ob jemand ein Intensivtäter ist oder droht, einer zu werden. Nach Ansicht von Rechtsexperten braucht man aber häufig Kriterien, die über die bloße Anzahl von Delikten hinausgehen.

Dabei geht die Untersuchung in zwei Schritten vor: Erstens erfolgt eine Beschreibung von Mehrfachtätern nach Einstiegsalter sowie Anzahl und Art der von ihm begangenen Delikte. Anhand dieses Überblicks werden in einem zweiten Schritt die echten Problemfälle herausgefiltert und genauer analysiert. Als große Stärke des Projektes gilt dem Justizministerium der »direkten Draht zwischen Wissenschaft und Praxis«. Es gab bereits Diskussionsrunden mit Staatsanwälten und der Generalstaatsanwaltschaft.

Erwartet werden von der Untersuchung Impulse für die Kooperation der Justiz mit Polizei und Jugendhilfe. Man möchte die »schwerste Form der Jugenddelinquenz noch wirksamer bekämpfen« können.

Für eine kleine Gruppe straffälliger Jugendlicher ist nach Meinung einiger Experten das Strafenspektrum des Jugendstrafrechts ungeeignet. Die frühere CDU-Justizministerin Beate Blechinger brachte dabei die Möglichkeit ins Spiel, »parallel zur Verhängung einer Jugendstrafe zur Bewährung auch einen Jugendarrest« anzuordnen. Diese Variante ging als »Warnschuss-Arrest« durch die Medien. Doch räumt Blechinger ein, dass für die Mehrheit der jugendlichen Straftäter das heute geltende Recht genügt, um sie von weiteren Straftaten abzuhalten.

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