Eine Elbbrücke wird versteigert

Die Bahn-Ruine bei Dömitz soll mindestens 19 800 Euro kosten

  • Reimar Paul
  • Lesedauer: 3 Min.
Die Reste der Dömitzer Eisenbahnbrücke im Kreis Lüchow-Dannenberg kommen unter den Hammer. Der westliche, niedersächsische Teil der Brücke ist samt Bahndamm im aktuellen Winter-Katalog des Berliner Immobilien-Auktionshauses Karhausen zur Versteigerung ausgeschrieben. Der Termin für die Auktion ist der 10. April, 11 Uhr.

Die zwischen 1870 und 1873 errichtete Brücke über die Elbe war ein gewaltiges Bauwerk und mehr als 1000 Meter lang. An der Westseite stand sie auf 16, an der – mecklenburgischen – Ostseite auf vier Pfeilern. Sie wurden durch Fachwerkträger aus genietetem Stahl mit 33,89 Metern Stützweite überbrückt, wie aus den alten Bauunterlagen hervorgeht. Am 20. April 1945 wurde die Brücke durch einen Luftangriff der Alliierten zerstört.

Die Brückenreste am Westufer gelten als das bedeutendste Industriedenkmal und eines der »Wahrzeichen« im Wendland. Der Elbe-Radweg, dieser Tage wieder einmal zum beliebtesten Radfernweg Deutschland gewählt, führt direkt unter dem wuchtigen Brückenkopf mit den beiden Wehrtürmen hindurch.

Besitzer ist die Bahn

Die Brückenreste auf dem niedersächsischen Flussufer sind immerhin etwa 550 Meter lang. Der Bahndamm erstreckt sich vom Brückenkopf landeinwärts auf einer Länge von fast zwei Kilometern. Auf dem Damm stehen 50 Jahre alte Bäume, insgesamt ist auf dem Bahndamm eine Fläche von sieben Hektar bewaldet. Die Flächen in der Elbaue, auf denen die Brückenpfeiler stehen, gehören Landwirten.

Die Dömitzer Eisenbahnbrücke selbst befindet sich im Besitz der Deutschen Bahn. Das Unternehmen hatte in den vergangenen Jahren versucht, die Brücke zu verkaufen oder sogar zu verschenken, doch niemand zeigte Interesse. Zögerliche Versuche privater Initiativen, die Brücke wieder aufzubauen, blieben frühzeitig stecken. Jetzt sucht die Bahn also via Versteigerung einen neuen Besitzer. Das Mindestgebot hat das Auktionshaus auf 19 800 Euro festgesetzt.

Inhaber Mark Karhausen ist zuversichtlich, dass die Brücke mehr Geld einbringt. Industrie- und Gewerbe-Immobilien als Überbleibsel der deutsch-deutschen Teilung sind eine Spezialität des Hauses. Karhausen brachte schon das ehemalige DDR-Rundfunkgebäude in Berlin unter den Hammer. Die Dömitzer Eisenbahnbrücke sei ein »Kleinod«, aus dem man viel machen könnte, sagt der Auktionator.

Abriss befürchtet

Der Landkreis Lüchow-Dannenberg sowie die Gemeinde Langendorf und die Samtgemeinde Elbtalaue, auf deren Gebiet die Brückenreste stehen, hoffen, dass der künftige Besitzer das historische Monument touristisch nutzt. Der Kreisverwaltung schwebt vor, dass der Brückenkopf als Aussichtsplattform gestaltet und dort ein kleines Café eingerichtet wird. Jürgen Meyer, der Samtgemeindebürgermeister, wünscht sich »eine Lösung, die die Brücke der Öffentlichkeit erhält und zugänglich macht«.

»Das Mahnmal der Deutschen Teilung und des Zweiten Weltkrieges darf nicht verschwinden«, sagte Meyer der Lokalzeitung. Auch aus Sicht von Langendorfs Bürgermeister Harald Hintzmann ist die Brücke »ein wichtiges Bauwerk«, prägend und touristisch wertvoll. »Sie darf nicht in die Hände von Leuten gelangen, die sie abreißen wollen – das wäre schlimm.«

Schlimm – aber wohl nicht zu verhindern, wenn es der neue Besitzer so will. Zwar steht die Eisenbahnbrücke unter Denkmalschutz. Doch lässt das entsprechende Gesetz nach Auskunft von Juristen durchaus die Möglichkeit zu, ein Objekt abzureißen, wenn ein Erhalt wirtschaftlich nicht zu vertreten oder sinnvoll ist. Daher – so mutmaßt die »Elbe-Jeetzel-Zeitung« – »könnte die Eisenbahnbrücke auch für Käufer interessant sein, die es auf den dort verbauten Stahl, die Ziegelsteine und nicht zuletzt auch auf die 70 000 Quadratmeter Wald auf dem Bahndamm abgesehen haben«.

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