Streit um LPG nun im Landtag

Opposition wirft Rot-Rot Bagatellisierung vor und beantragt Sondersitzung

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Wie darf, wie muss man die 1960 abgeschlossene LPG-Bildung sehen? Die Opposition wirft der Landesregierung eine falsche Sicht auf die historischen Dinge vor und beantragte eine Sondersitzung des Hauptausschusses des Landtags.

Aus Perspektive des CDU-Abgeordneten Dieter Dombrowski – er vertritt die hochschwangere Fraktionschefin Saskia Ludwig in diesem Amt – bagatellisiert die Landesregierung Unrecht und habe zum 50-jährigen LPG-Jubiläum »Jubelveranstaltungen zur Zwangsvereinigung« favorisiert.

Zwar hat Dombrowski nicht einen einzigen Beleg dafür anzubieten, dass ein Mitglied der Landesregierung an irgend einer Stelle Unrecht begrüßt, gerechtfertigt oder auch nur relativiert hat, doch »im Kontext der Ereignisse« dränge sich dieser Verdacht auf, erklärte er wolkig. Dombrowski bezog sich darauf, dass der SPD-Abgeordnete und Bauernbund-Landesvorsitzende Udo Folgart an einer politisch ausgewogenen und auch schonungslosen Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung zu diesem Thema teilgenommen hatte. Und ferner ist es dem CDU-Politiker einen Vorwurf wert, dass Landwirtschaftsminister Jörg Vogelsänger (SPD) nicht einer Denkmalsenthüllung beigewohnt hatte, die den Opfern der Kollektivierung galt. In der Zurückweisung seiner Unterstellungen durch die Landesregierung sah Dombrowski eine Beleidigung der Opposition.

Für SPD-Fraktionschef Dietmar Woidke ist dieses Schema »leicht zu durchschauen«. Doch werde die Opposition ihre Sondersitzung bekommen, auf der sich auch der Ministerpräsident erklären werde. Die Zwangskollektivierung »war Unrecht und hat großes individuelles Leid hervorgerufen«, unterstrich Woidke. Genauso wahr sei aber auch, dass diese Strukturen mit der Zeit Akzeptanz in der ostdeutschen Landbevölkerung fanden, setzte SPD-Landes-Generalsekretär Klaus Ness hinzu. Zum Ausdruck komme dies unter anderem darin, dass die Genossenschaften nach der Wende keineswegs über Nacht zusammengebrochen seien, sondern sich bis heute achtbar wirtschaftlich behaupten.

Für Ness sind diese Angriffe der CDU, an denen sich auch FDP und Grüne beteiligen, Ausdruck dafür, dass die gegenwärtigen gesellschaftlichen Strukturen in Brandenburg nicht akzeptiert werden. Zunehmend suche die Opposition ihre Themen in der Vergangenheit. Das aber würden die Brandenburger keineswegs begrüßen, wie das nach wie vor schlechte Abschneiden der Oppositionsfraktionen bei Umfragen beweise.

Den Streit darüber, ob die DDR als »Unrechtsstaat« einzuordnen sei, nannte Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo Rautenberg »klassisch deutsch« und »eigentlich blödsinnig«. »Die DDR war zweifellos kein Rechtsstaat«, wie das Grundgesetz ihn definiere, sagte Rautenberg dazu. Sie deswegen automatisch zu einem Unrechtsstaat zu machen, sei aber deswegen nicht korrekt, »weil es eine Definition des Unrechtsstaates nicht gibt«. Es sei jedenfalls nicht angängig, alle Staaten, welche die Rechtsstaatskriterien nicht erfüllen, deswegen in Bausch und Bogen zu Unrechtsstaaten zu erklären, gab Rautenberg zu bedenken

Rautenberg verwies darauf, dass schon Anfang der 90er Jahre die Theologen Friedrich Schorlemmer und Richard Schröder den auf die DDR gemünzten Begriff Unrechtsstaat abgelehnt hätten. Der Begriff des Rechtsstaates suggeriere, dass dortzulande nur Recht geschehe, während der auf die DDR bezogene Begriff Unrechtsstaat nahelege, dass in der DDR nichts als Unrecht gewaltet habe, sagte Rautenberg. »Wenn das so gewesen wäre, dann hätte man nach 1990 sämtliche DDR-Strafurteile kassieren müssen.« Dies sei aber mit gutem Grund nicht geschehen.

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