nd-aktuell.de / 17.05.2010 / Politik / Seite 5

»... hat der Wähler so gewollt«

Eröffnung de DGB-Bundeskongresses in Berlin / Sommer fordert Steuer auf Spekulationen / Wenig Beifall für Merkel

Jörg Meyer, Berlin
Der gestrige Auftakt des DGB-Bundeskongresses in Berlin stand unter dem Motto »Mut gegen rechte Gewalt«. DGB-Vorsitzender Michael Sommer und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) lieferten sich einen Schlagabtausch über Krisenbewältigung, Finanzmarktkontrolle und Mindestlohn.

In seiner Auftaktrede zum 19. Ordentlichen DGB-Bundeskongress in Berlin forderte der Bundesvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes am Sonntag erneut eine Regulierung von Börsenspekulationen. An Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gerichtet sagte Michael Sommer unter großem Applaus der rund 400 Delegierten: »Setzen sie sich für eine wirkungsvolle Steuer auf alle Finanztransaktionen ein.« Merkel solle bitte nicht damit warten, »bis auch die Caymaninseln zustimmen oder die Wall Street Ehrenmitglied der Ethikkommission wird«. »Appeasementpolitik – ein bisschen die Märkte zu beruhigen« reiche nicht aus, so Sommer.

Die Gewerkschaften hätten bislang »außerordentlich verantwortungsbewusst mitgewirkt an der Bewältigung der Krise, die unseriöse Investmentbanker verursacht haben«, aber »unsere Geduld gegenüber Geiz und Gier«, sei am Ende. An Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt gerichtet kritisierte Sommer, dass die Unternehmen, sobald es neue Aufträge gäbe, nur Leiharbeiter einstellten und dass Betriebsräte »verteufelt« würden.

»Ich bin die Kanzlerin einer christlich-liberalen Koalition, um das einmal deutlich zu sagen«, entgegnete Merkel in ihrer Rede. Murren aus dem Publikum quittierte sie mit den Worten: »Tja, so isses, hat der Wähler so gewollt.« Merkel konnte vor den Gewerkschaftern kaum auf ein Heimspiel hoffen. Sie verteidigte die Bankenabgabe und den Rettungsschirm für Griechenland. Den gesetzlichen Mindestlohn lehnte sie erneut ab. Als sie mit Verweis auf die älter werdende Gesellschaft eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit forderte, wurden Zwischenrufe laut. Zum Thema Transaktionssteuer sagte Merkel, das funktioniere nur international. Deutschland alleine könne nichts ausrichten. »Wenn die G 20-Gewerkschaften gemeinsam die jeweiligen Staats- und Regierungschefs dazu bringen, einhellig eine Finanzmarkttransaktionssteuer zu fordern, dann werde ich mich dem nicht entgegenstellen.« In seinem Grußwort an den Kongress sagte Berlins Regierender Bürgermeister und SPD-Bundesvize Klaus Wowereit, er erwarte von Merkel eher, dass sie mit Michael Sommer zusammen für die Transaktionssteuer kämpfe.

Der bis zum Donnerstag andauernde Kongress steht unter dem Motto »Arbeit – Gerechtigkeit – Solidarität«. Am Sonntagnachmittag debattierten die Delegierten über den Geschäftsbericht 2006-2009 und entlasteten den Vorstand, der heute Vormittag neu gewählt wird. Die Wiederwahl des 58-jährigen Sommer gilt als wahrscheinlich.

Die Kongresseröffnung stand unter dem Motto »Mut gegen rechte Gewalt. Zwischen den Reden traten Künstler wie etwas der Rapper Sammy Deluxe auf, der sagte, man könne sich noch so viele »Gegen Nazis«-Buttons an die Jacke heften, wenn nicht auch gegen gesellschaftlichen und staatlichen Rassismus gekämpft würde. Michael Sommer forderte erneut das Verbot der NPD und aller neonazistischen Organisationen.