nd-aktuell.de / 08.06.2010 / Gesund leben / Seite 19

Es geht um die Wurst

Studie zufolge macht vor allem verarbeitetes Fleisch krank

Elke Bunge
Schon der Verzehr von 50 Gramm Wurst oder Schinken täglich erhöht das Risiko von Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems beträchtlich. Das hat eine Studie der Universität Harvard ergeben. Die jeweils gleiche Menge an »rotem« Fleisch – Rind, Lamm oder Schwein – hatte nicht denselben negativen Effekt.

Es ist Wochenende, das Kaffeewasser ist aufgesetzt und der Frühstückstisch wird gedeckt. Ei, Marmelade, Käse und ein paar delikate Scheiben Wurst: Schinken, Mortadella und Salami. Das lässt unser Herz höher schlagen. Ein bisschen Aufschnitt, denken wir, ist doch erlaubt, zumal er auch ganz dünn geschnitten wurde. Wir haben uns für die mageren Sorten entschieden, denn zu viel tierisches Fett, so viel wissen wir, ist ungesund.

Doch eine aktuelle Studie der Harvard School of Publik Health (HSPH) belehrt uns eines Besseren: Der Genus von behandeltem Fleisch, also gepökeltem, gesalzenem oder geräuchertem Fleisch, macht krank – auch in geringen Mengen. Die drei Forscher Renata Micha, Sarah K. Wallace und Dariush Mozaffarian haben in einer aktuellen Veröffentlichung in »Circulation« untersucht, welche Art von rotem Fleisch das Risiko einer Diabetes- oder einer koronaren Herzerkrankung steigert. Die Wissenschaftler analysierten dafür Daten von 20 Studien aus zehn Ländern und vier Kontinenten (Vereinigte Staaten, Europa, Asien und Australien) mit 1,2 Millionen Teilnehmern. Ihr Ergebnis: Bereits der Genuss von 50 Gramm mit Konservierungsstoffen behandeltem Fleisch hat erhebliche gesundheitliche Folgen. Die Menge entspricht etwa einem Würstchen oder ein bis zwei Scheiben Aufschnitt, also nicht gerade viel für ein gutes Frühstück, denn ein bis zwei Scheiben Salami auf einem Brötchen sind nicht unbedingt üppig.

Aber die Folgen sind erheblich, wie die Studie zeigt, die zwischen behandeltem und unbehandeltem Fleisch unterscheidet. »Das Ergebnis unserer Studie zeigt, dass der Verzehr von 50 Gramm mit Konservierungsstoffen behandeltem Fleisch die Gefahr einer koronaren Herzerkrankung um 42 Prozent erhöht. Die Gefahr, an einem Diabetes mellitus vom Typ II zu erkranken, steigt um 19 Prozent. Im Gegensatz dazu haben wir beim Verzehr von unbehandeltem roten Fleisch, wie Rind, Schwein oder Lamm, kein höheres Erkrankungsrisiko finden können«, so Renata Micha.

Die Ursache für die gesundheitlichen Folgen können also nicht in den Inhaltstoffen vom Fleisch liegen, wie zum Beispiel den tierischen Fetten, die zu einem erhöhten Cholesterinspiegel führen können. Verantwortlich dafür, dass bereits derart geringe Mengen von Fleisch zu erheblichen Krankheiten führen können, sind die Stoffen, die bei beim Pökeln, Räuchern oder Konservieren verwendet werden. »Im behandelten Fleisch finden sich im Schnitt viermal so viel Natriumsalz sowie etwa 50 Prozent mehr Konservierungsstoffe wie zum Beispiel Nitrat«, erklärt Renata Micha. Hier liegen nach Meinung der Forscher die Ursachen für die erhöhte Erkrankungsgefahr des Herzkreislaufsystem und des Stoffwechsels.

Das Überangebot von Konservierungsstoffen lagert sich an Blutbestandteile an und birgt die Gefahr von Arteriosklerose in den Herzkranzgefäßen. Salz und Konservierungsmittel verhindern, dass die menschlichen Zellen die Botenstoffe des Insulins erkennen, das für den Abbau der aufgenommenen Kohlehydrate zuständig ist. In der Folge wird immer mehr Insulin produziert, bis schließlich die Produktion ausbleibt und der Mensch an Diabetes mellitus vom Typ II erkrankt. Das Forscherteam nimmt an, dass der Verzehr behandelten Fleisches weitere gesundheitliche Risiken, einschließlich von Krebserkrankungen, birgt. Einen relevanten Zusammenhang sah es zwischen dem Verzehr von geräuchertem oder gepökeltem Fleisch und dem Aufkommen von Kolonkarzinomen (Darmkrebs). Es seien weitere Studien zu den Wirkmechanismen und gesundheitlichen Effekten von Salz und Konservierungsstoffen erforderlich.

Bis es diese gibt, sollte man den Wurstverzehr verantwortungsvoll einschränken. Danken wird es auch die Figur.