Ausdrücke wie "Wildsau" sind eher moderat

Für Ex-Außenminister Joschka Fischer gehören auch Pöbeleien zur Demokratie

  • Lesedauer: 2 Min.
Berlin, 10. Juni (AFP) - Der ehemalige Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) sieht die politische Kultur im Lande durch die jüngsten verbalen Pöbeleien zwischen CDU, CSU und FDP nicht gefährdet. Für ihn seien es "eher moderate Ausdrücke im politischen Getümmel", wenn ein CDU-Mann den Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) als "Rumpelstilzchen" bezeichne, jemand von der CSU die FDP "Gurkentruppe" nenne und der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer sich über die "Wildsau"-Beschimpfung eines Liberalen errege, sagte der ehemalige grüne Realpolitiker der "Süddeutschen Zeitung" vom Donnerstag.

Fischer äußerte gegenüber der Zeitung Bedauern darüber, dass "echte Deftigkeiten" in der heutigen Politik eher selten vorkämen und alles viel "wohlerzogener" sei. Bei Rednern wie dem heutigen Außenminister Guido Westerwelle (FDP) habe er immer eher ab- als eingeschaltet. "Seine Rhetorik hat bei mir nie verfangen." Wenn er selber den Bundestagspräsidenten als "Arschloch" oder Kabinettsmitglieder als "Halbleichen bis Leichen" bezeichnet habe, so habe er das aber immer "in sehr korrekter Form" getan, sagte Fischer, der heute Energie- und Autofirmen berät. Am besten in der Anwendung kraftvoller Formulierungen sei der ehemalige SPD-Chef Herbert Wehner gewesen, der unter anderem einmal einen CDU-Abgeordneten als "Übelkrähe" titulierte.

Den Vergleich des "feschen" Verteidigungsministers mit "Rumpelstilzchen" allerdings befand auch Fischer für nicht angemessen. "Selbst wenn man seiner Frau die Rolle der goldspinnenden Königstochter zuschustern würde, passt das doch - wenn man das Märchen kennt - hinten und vorne nicht."

CSU und FDP hatten sich zuletzt im Streit um die Gesundheitsreform mit Wörtern wie "Wildsau" und "Gurkentruppe" bedacht. Der Bericht der "Bild"-Zeitung, wonach Guttenberg während der zweitägigen Sparklausur als "Rumpelstilzchen" bezeichnet wurde, wurde von einem Regierungssprecher allerdings dementiert.
wes/bk
Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal