SPD ohne Beifahrer auf der Autobahn

Partei dürfte es schwer fallen, Partner für die Verlängerung der A 100 zu finden / LINKE bleibt beim Nein

  • Bernd Kammer
  • Lesedauer: 3 Min.
Anwohner-Protest an der Autobahntrasse in Treptow
Anwohner-Protest an der Autobahntrasse in Treptow

Nach dem Beschluss des SPD-Parteitags für den Weiterbau der A 100 zum Treptower Park will Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD) das Projekt offenbar zügig vorantreiben. Demnächst werde man vom Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses die Freigabe der gesperrten Planungsmittel in Millionenhöhe beantragen, sagte ihr Sprecher Mathias Gille. Dann könnte zum Jahresende der Planfeststellungsbeschluss erteilt werden und der Bau im November 2011 starten.

Voraussetzung ist allerdings, dass sich Linkspartei und SPD auf das weitere Vorgehen verständigen. Die Verlängerung der A 100 steht zwar im rot-roten Koalitionsvertrag, im April sprach sich ein Landesparteitag der LINKEN jedoch gegen die Autobahn aus. Einen weiteren Parteitag dazu wird es bei ihr allerdings nicht geben. »Bei uns ist es nicht üblich, dass wir so lange abstimmen, bis das Ergebnis stimmt«, so Landesvorsitzender Klaus Lederer. Außerdem halte man die Autobahn immer noch für exorbitant teuer, ökologisch katastrophal und verkehrspolitisch fragwürdig. »Wir werden nichts überstürzen und mit der SPD noch mal in aller Ruhe über das Projekt sprechen.«

LINKEN-Verkehrsexpertin Jutta Matuschek will sich vor allem das auf dem SPD-Parteitag versprochene Verkehrskonzept mit »Garantien« für mehr Lärmschutz, Tempo 30, Parkraumbewirtschaftungszonen und Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs erläutern lassen. »Vieles davon steht schon seit 2003 im Stadtentwicklungsplan Verkehr und ist noch nicht umgesetzt worden. Und die SPD muss uns mal erklären, wie der Senat Garantien geben kann für etwas, was gar nicht in seiner Kompetenz liegt. Die Parkraumbewirtschaftung ist Sache der Bezirke und zum Beispiel in Charlottenburg-Wilmersdorf abgelehnt worden.«

Ursprünglich sollte der Bau des 440 Millionen Euro teuren Projekts im Mai nächsten Jahres starten. Durch die Planungsverzögerungen ist er jetzt etwa ein halbes Jahr in Verzug, so dass die Bagger wohl erst nach der Wahl zum Abgeordnetenhaus anrollen könnten. Die Autobahn dürfte somit noch einmal Gegenstand von Koalitionsverhandlungen werden. »Die SPD muss sich überlegen, mit wem sie das Projekt umsetzen will«, so Lederer. Auch die Grünen stehen dafür nicht zur Verfügung. Landeschef Stefan Gelbhaar verglich die Autobahn schon mal mit dem Transrapid: »Teuer, unnütz, bekämpft – und nie umgesetzt«. Die Grünen wollen jetzt weiter aufklären, »dass der Bund die Autobahn nur als Transitstrecke baut«, so die verkehrspolitische Sprecherin Claudia Hämmerling. Denn insbesondere der Lkw-Verkehr werde die Abkürzung über Treptow, Danziger Straße und Schönhauser Allee nach Norden wählen, die minimalen Entlastungen in Neukölln würden mit dramatischen Belastungen in Friedrichshain, Prenzlauer Berg und Pankow bezahlt, »eine Zumutung für die Anwohner«.

Aber auch die geben sich kämpferisch und wollen dem »umweltzerstörerischen Zickzack-Kurs der SPD nicht tatenlos zusehen« und die »asphaltbegeisterte SPD« unter Druck setzen, wie die Bürgerinitiative Stadtring Süd (BISS) bekräftigte. Anwohner haben bereits Klagen gegen das Projekt angekündigt, sollte der Planfestestellungsbeschluss vorliegen, was zu weiteren Verzögerungen führen dürfte. Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) schließt eine Klage nicht aus.

#ndbleibt – Aktiv werden und Aktionspaket bestellen
Egal ob Kneipen, Cafés, Festivals oder andere Versammlungsorte – wir wollen sichtbarer werden und alle erreichen, denen unabhängiger Journalismus mit Haltung wichtig ist. Wir haben ein Aktionspaket mit Stickern, Flyern, Plakaten und Buttons zusammengestellt, mit dem du losziehen kannst um selbst für deine Zeitung aktiv zu werden und sie zu unterstützen.
Zum Aktionspaket

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal