Grundeinkommen für alle

  • Hardy Krampertz
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Autor ist Politikwissenschaftler und Mitglied im bundesweiten Attac-Koordinationskreis
Der Autor ist Politikwissenschaftler und Mitglied im bundesweiten Attac-Koordinationskreis

Der EU-Rat setzt in bewährter Weise auf Gescheitertes: Die Beschäftigungsquote soll auf 75 Prozent der Bevölkerung steigen. Auch die anderen Antworten, die der Europäische Rat gerade auf die Nöte der Europäer gegeben hat, zeigen: Brüssel kann mit keiner überzeugenden Strategie gegen die Armut aufwarten. Laut einer aktuellen Umfrage sehen sich viele Menschen durch sozialen Abstieg bedroht, Haushaltsmittel reichen nicht mehr aus und 60 Prozent der Befragten glauben, dass Armut in Europa zugenommen habe. Die EU begeht 2010 das »Jahr zur Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung«. Angesichts der eher fragwürdigen Entscheidungen des Europäischen Rates im Namen der »Strategie 2020« müssen die EU-Bürger dagegen noch mehr um ihre soziale Zukunft bangen.

Damit Armut und soziale Verelendung der Vergangenheit angehören, reicht es nicht aus, die Armut um 25 Prozent reduzieren zu wollen. Es stellt sich da schon die Frage, warum eine reiche europäische Gesellschaft es hinnehmen will, dass je nach Erhebung zwischen 60 und 90 Millionen Menschen der Armut überlassen bleiben – immerhin ungefähr die Bevölkerungszahl der BRD.

Gerade konnte man lesen, dass sich die Zahl der Millionärshaushalte in Deutschland deutlich erhöht hat. Trotz Finanzkrise ist sie 2009 gegenüber dem Vorjahr um 23 Prozent auf 430 000 gestiegen. Auf Europa, die reichste Region weltweit, entfallen danach 37,1 Billionen Dollar Vermögen. Reichtum also auf der einen Seite und Sparpakete für jene, die nichts besitzen und jahrelang dazu beigetragen haben, dass durch Niedriglöhne, Nullrunden und Rentenkürzungen im Namen der Konkurrenzfähigkeit die Profite erwirtschaftet werden konnten, die dann auf den Finanzmärkten verzockt wurden.

Nun geht eine Idee in Europa um. Es ist keine neue, aber eine, die immer populärer wird. Dieser Tage startete die Unterschriftensammlung für ein bedingungsloses Grundeinkommen auf dem Kontinent (www.basicincomeinitiative.eu). Allen Bürgern ein würdiges Leben ohne Zwang und Not, eine Teilhabe am gesellschaftlichen Dasein zu ermöglichen – das ist Ziel dieser Idee. Sie hat Menschen unterschiedlicher politischer Verortung erfasst und strahlt zusehends mehr in den europäischen Raum aus. Die Netzwerke für ein bedingungsloses Grundeinkommen aus Österreich und Deutschland, BIEN Schweiz sowie die Attac-Organisationen aus eben diesen Ländern sind seit mehreren Jahren vernetzt und führten gemeinsam Kongresse in Wien, Basel und zuletzt in Berlin durch. Im weltweiten Attac-Netzwerk wirbt die Attac AG »Genug für Alle« für diese »deutsche« Idee (www.grundeinkommen-attac.de).

Das verkündete Ziel der EU, Armut um 25 Prozent zu reduzieren, hieße sich mit den restlichen 75 Prozent beschäftigungsloser Menschen abzufinden. Und sind nicht ohnehin seit Jahrzenten Regierungen jeglicher Couleur an ähnlichen Vorhaben gescheitert? Selbst wenn es gelänge, würde der damit verbundene Wachstumsschub und Verbrauch fossiler Energieträger die ökologische Vernutzung der Erde weiter vorantreiben.

Vielmehr ist radikales Umdenken die Aufgabe der Stunde. Wir brauchen eine Debatte um Chancen für ein zukünftiges menschenwürdiges Leben mit gesellschaftlicher Teilhabe für alle, ohne Not, ohne Angst vor sozialem Abstieg und mit nachhaltiger Wirtschaft.

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