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Verweigerer

Grigori Perelman / Der russische Mathematiker schlug einen Millionenpreis aus

  • Steffen Schmidt
  • Lesedauer: 2 Min.

Denken Sie sich eine Schlinge um eine beliebige dreidimensionale Fläche. Wenn sich diese bis auf einen Punkt zusammenziehen lässt, so kann man die Fläche mathematisch immer in eine Kugeloberfläche umformen, jedenfalls solange sich kein Loch in der Fläche befindet. So lässt sich extrem vereinfachend zusammenfassen, was der französische Mathematiker und Physiker Jules Henri Poincaré vor reichlich hundert Jahren behauptete. Einen Beweis blieb der allerdings schuldig.

Über fast ein Jahrhundert bissen sich Mathematiker an der Poincaréschen Vermutung die Zähne aus. Der Amerikaner Richard Hamilton fand Anfang der 80er Jahre einen Trick, um das Problem zu lösen. Dummerweise hatte sein Verfahren noch einige Punkte, wo es nicht funktionierte. Ein junger Russe allerdings hatte seine Arbeiten gelesen und schrieb ihm 1995, er würde gern mit ihm zusammen die letzten Probleme beiseite räumen und Poincarés These beweisen.

Hamilton antwortete nicht und der Russe Grigori Perelman machte sich allein an die Arbeit. Acht Jahre später stellte er seinen Beweis ins Internet. Seine Kollegen versuchten, den bislang unvermeidlichen Fehler zu finden, blieben aber erfolglos. Und so bekam Perelman im Jahre 2006 die Fields-Medaille zugesprochen, eine Auszeichnung, die für Mathematiker das Prestige eines Nobel-Preises hat. Doch Perelman lehnte ab. Gleiches wiederholte sich vergangene Woche. Da schlug der Mathematiker den vom amerikanischen Clay-Institut ausgeschriebenen Preis von einer Million Dollar aus.

Anders als 2006 gab der 1966 im damaligen Leningrad geborene Wissenschaftler diesmal der russischen Agentur Interfax eine Erklärung: Er lehne ab, weil er die Entscheidungen der Mathematiker-Gemeinde für ungerecht halte. Einer der Laudatoren, William Thuston, zeigte Verständnis. Man solle nicht nur von Perelmans Mathematik lernen, sondern auch von seiner Weltsicht, die Werte jenseits von Reichtum und Ruhm wichtig nimmt.

Ob Perelman sich inzwischen überhaupt noch mit Mathematik befasst, ist allerdings unklar. Er hat schon 2003 in seinem Akademieinstitut gekündigt und lebt seither zurückgezogen bei seiner Mutter am Stadtrand von Sankt Petersburg.

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