So sollten Sommerferien sein: Spiel und Spaß für alle!

  • Charlotte Noblet
  • Lesedauer: 6 Min.
So sollten Sommerferien sein: Spiel und Spaß für alle!

"Siehe, das Gute liegt so nahe - warum denn in die Ferne schweifen". So literarisch hat mir Günther Kunath letzte Woche ins Ohr geflüstert. Der engagierte Sprecher des Bürgerkomitees Weberwiese in Friedrichshain hatte den Aufruf wahrgenommen, Vorschläge für spannende Geschichten und Orte auf unserem Sommerblog zu machen. Per Mail an community@nd-online.de hat er auf die Fredersdorfer Straße 28 hingewiesen: „Drei Steinwürfe von der ND-Redaktion gen Osten – da ist ein Ort ohne Briefkasten und feste Wohnsitze, aber Montags und Donnerstags voll von pulsierendem Leben“.

So sah es Donnerstag am Ort des Ges­chehens aus

Lauter kleine Kinder versteckten sich am Gartentisch hinter Münzen und Bechern und auf dem Spielplatz nebenan waren andere Knirpse dabei, fleißig am Hula-Hoop zu trainieren. An der Tischtennisplatte zählten sie Punkte oder profilierten sich als Fußballnachwuchs. Hier und da spielten auch etwas größere Kinder mit: Die Betreuer/innen. Es gab einfach eine schöne Sommerferien-Atmosphäre auf dem Sportplatz in der Fredersdorfer Straße 28.

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Wie das Ganze entstehen konnte, erzählt Günther Kunath, selbst einer der Hauptmitstreiter, gerne. Eigentlich fange die Geschichte Ende 2009 mit der Errichtung der Infotafel am Schulsportplatz an: Dem Bürgerkomittee Weberwiese wurde das ehrenamtliche Hausrecht für das Gelände übertragen. Wie von Zauberhand, letztlich aber vor allem durch eine gute Vernetzung in der Nachbarschaft war es schließlich soweit: Am 12. Juli wurden die Kinder für das erste Sommerferienprogramm voller Spiel und Spaß in der Fredersdorfer Straße empfangen.

Und was kostet der Spaß? Nichts!

Das Angebot ist kostenlos für die ganze Familie. „Vormittags kommen die Kinder aus den Nachbarkitas, mal aus dem Kita Fredermäuse, mal aus dem Kita Entdeckerland. Im August kommen auch die Kinder aus dem Hort der Ludwig-Hoffmann Grundschule“, sagt Marion Kochskämper. Und fügt hinzu: „Vormittags sind die Kleinen bei uns. Wir freuen uns auch auf Kinder, die ihre Eltern mitbringen. Hier gibt es genug Platz für alle!“ Die Sonderpädagogin aus der Schule am Friedrichshain ist voller Energie und Begeisterung: Die Verantwortung für das Sommerprogramms übernimmt sie in ihrer Ferienzeit. „Für mich ist es nur kieznahe-Arbeit und selbstverständlich.“ Der Draht zu den Betreuer/innen hat sie durch den NABU.

Volles Sport- und Spaßprogramm

„Ab 15 Uhr sind die Großen dabei“, erzählt mir Günther Kunath vom Bürgerkomitee Weberwiese weiter. „Mitmachen dürfen hier alle Jugendlichen, die schulpflichtig sind. Sie bekommen das erste Mal eine Teilnahme-Karte von uns, dann einen Stempel für jeden Besuch, und schon kann‘s los gehen!“ Auf dem Sport-und-Spaßprogramm steht eine Menge: Fußball, Basketball, Street-Tennis, aber auch Inline-Skaten, Hockey oder noch weniger bekannte Ballspielarten wie Slackline und Sepak Takraw. Dafür haben sich mehrere Organisationen zusammen getan, das Bürgerkomitee Weberwiese aber auch der Jugendclub Feuerwache, Kiezsport „kick“ Friedrichshain, die Workstation Ideenwerkstatt-Berlin sowie die SG “Narva“ und der FC Footstar, mit der Unterstützung des Schulamts Friedrichshain und vieler ehrenamtlichen Mitstreitern. Jacob Pringal bietet seinerseits Kung–Fu-Trainings: „Die Kleinen haben es mit den Figuren schwer, aber auch die Größeren. Alle machen die Erfahrung, dass es mit der Koordinierung bestimmter Bewegungen nicht ganz so einfach ist. Es macht aber Spaß!“, erzählt der Lehrer aus der Ching Wo Sportschule in Hohenschönhausen. Ein anderer Betreuer, Thorsten, hat sich für Fußball-Trainings zuständig erklärt. Seine Jungs seien so talentiert, dass er auf einen Sieg gegen die Minis des VfB Berlin sogar Hoffnung habe. Für den Nachmittag hat sich die Venske-Polizei mit einem Geschicklichkeitsparcours angekündigt.


Günther Kunath gibt sich zufrieden über die gute Stimmung auf dem Sportplatz. Genauso wie die anderen Anwohner: Montags und donnerstags kommen die Kinder von 10 bis 12 Uhr und von 15 bis 20 Uhr, damit ist die Mittagsruhe berücksichtigt. „Wir bekommen viel Lob von Nachbarn und es kommen immer mehr Kinder, zum Teil auch mit Ihren Eltern.“ Frau Maenz aus der Kita Entdeckerland ist auch begeistert: „Wir haben oft mit den Kindern über den Zaun auf dem Sportgelände geschaut. Das wir jetzt auf den Platz dürfen ist es wunderbar! Noch toller wäre es, wenn wir auch Zugang während des Schuljahres hätten…“ Eine gute Resonanz bekommt eine schöne Initiative in der Fredersdorfer Straße… die eigentlich noch tiefere Wurzeln hat.

Das Märchen von der Turnhalle

Diese Wurzeln erfährt schnell, wer Günther Kunath das Märchen von der Turnhalle erzählen lässt: Auf einmal hat man nicht mehr eine normale Sporthalle unter Augen. Dafür muss man in der Vergangenheit ein bisschen zurückblicken können. 2005 war der Schulabriss und Sanierung der Turnhalle. Neue Wände für neue Geschmiere? „Das wollten die Anwohner sich nicht einreden lassen. Sie wollten auf einem schönen Platz blicken“, kann sich Günther Kunath erinnern. „Wir sahen zwei Möglichkeiten, alles gepflegt zu halten: Mit Hilfe der Polizei oder mit Eigeninitative. Das zweite war sinnvoller, wir haben uns dafür eingesetzt.“ So fing der Abenteuer an… und 2008 fand die große Malaktion statt. Dabei war unter anderen auch Kani Alavi, der auch als Initiator der internationalen Künstlerinitiative East Side Gallery bekannt ist. So lautet die Geschichte der zahlreichen Kinder- und Profimotive auf den heutigen Wänden der Turnhalle. In Stilvielfalt in allen Himmelsrichtungen. Und wer das Märchen von der Turnhalle bei Günther Kunath hört, sieht schon das gemalte Sandmännchen und daneben SpongeBob tanzen… und weiß, dass auf der Südseite der Halle die Zeit anders läuft.


So. Und wer sich noch länger mit dem Sprecher des Bürgerkomitees Weberwiese unterhält, erfährt noch eine Menge mehr! Zum Beispiel, dass man ab einer Höhe von 22 Meter über „Hochhaus“ spricht. Oder dass das ND-Druckereigebäude nebenan zur Opernwerkstätte wird. Gerne empfehlt Günther Kunath auch Literaturstücke über den damaligen Arbeiterbezirk Friedrichshain: "Stube und Küche" von John Stave oder „Die pucklige Verwandtschaft“ von Gerhard Holtz-Baumert. Eigentlich könnte ich noch Vieles aufschreiben: Schliesslich vertreibt Günther Kunath das Kiezblatt „PaKo-Info“ und weiß ganz viel. Vielleicht weiß er sogar was am 29.07 und am 19.08 bei der Tombola auf dem Sportplatz verlost wird? Rendez-vous in der Fredersdorfer Straße 28.

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