Unternehmer, schaut nach Spandau

Wie man gestärkt aus der Wirtschaftskrise kommen kann, macht ein Betrieb aus Hakenfelde vor

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.
Ein Ingenieur prüft einen Lautsprecher-Prototyp: Innovation aus Spandau
Ein Ingenieur prüft einen Lautsprecher-Prototyp: Innovation aus Spandau

Spandauer sind schlauer. Der alte Wahlkampfslogan trifft auf das Unternehmen Lautsprecherlabor Berlin von Geschäftsführer Stephan Kelch mit Sitz im Spandauer Ortsteil Hakenfelde ganz besonders zu: Als im vergangenen Jahr der Hauptkunde des Entwicklungsstudios für Lautsprecher, Soundsysteme und Akustikprojekte in der Krise von einer internationalen Investorengruppe geschluckt wurde, waren die externen Zuliefererbetriebe wie der von Kelch als erstes dran. Was sich zuvor neun Jahre bewährte, nämlich einen Abnehmer zu haben, erwies sich plötzlich als fatale Abhängigkeit, erzählt der Unternehmer. »Auf einmal gab es Zeiten, da saß ich hier alleine.«

Doch der Geschäftsführer des innovativen Entwicklerstudios machte aus der Not eine Tugend. Statt seine sieben Techniker zu entlassen, meldete er Kurzarbeit an und beantragte gleichzeitig Fortbildungen für eine Reihe von Mitarbeitern. Mit Erfolg: »Durch die neue Software, die die Beschäftigten lernten, konnten neue Kunden akquiriert werden«, erzählt Kelch. Die Firma entwickelt inzwischen nicht mehr nur Lautsprecher-Prototypen für Autos, sondern plant zudem Soundsysteme für Boote und Wohnwagen. Kurzarbeit wird zwar immer noch gefahren, aber der Anteil sinkt. Inzwischen würde Kelch sogar wieder einstellen, aber den Experten, den er benötigt, kann er bisher in Deutschland nicht finden.

Für die Geschäftsführerin der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit, Margit Haupt-Koopmann, ist der Spandauer Betrieb ein »Vorzeigeunternehmen«. Und dies nicht nur, weil Lautsprecherlabor die Möglichkeiten zur Weiterbildung in der Krise optimal genutzt hat, sondern auch, weil das Unternehmen vormacht, wie man mit dem sich abzeichnenden Fachkräftemangel umgehen kann. »Investitionen in die Qualifizierung von Mitarbeitern sind immer ein wertvoller Beitrag zum Erhalt und zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und damit für die Zukunft des Unternehmens«, sieht sich Haupt-Koopmann in Spandau bestätigt. Doch oftmals würden kleine Unternehmen gar nicht wissen, wie man die Anträge für die Fort- und Weiterbildung stellen muss. Und dass dies von der Regionaldirektion gefördert wird.

Das ist auch die Botschaft des Besuchs der Regionalchefin in Hakenfelde: Schaut her Unternehmer, so wie hier bei Lautsprecherlabor kann man es richtig machen. Es gilt nicht, über Fachkräftemangel zu jammern, sondern die Beschäftigten müssen qualifiziert werden. Dass dies auch für kleinere Betriebe funktioniert, hat Haupt-Koopmann gerade erst in einem Modellprojekt in der Lausitz getestet. Dort hatten sich mehrere Mini-Betriebe zusammengeschlossen, um gemeinsam die so wichtigen Qualifizierungen zu organisieren. Das taugt auch für Berlin, glaubt die Chefin der Regionaldirektion.

Unterstützt wird die Philosophie »Krisenzeit ist Lernzeit« mit 600 000 Euro überdies von der Senatsverwaltung für Arbeit. »108 Unternehmen mit 400 Qualifizierungen haben wir seit Beginn der Krise unterstützt«, berichtet Arbeitssenatorin Carola Bluhm (LINKE). Sie hofft ebenfalls, dass das Spandauer Beispiel Schule macht – und sich noch mehr Unternehmen für die Förderung interessieren.

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