Regulierung der Oligopole

Strom und Telekom: Starker Staat soll für niedrige Preise sorgen

  • Hermannus Pfeiffer
  • Lesedauer: 3 Min.
Während die Stromkonzerne ihre Kunden weiterhin abkassieren, wird die Telefonbranche immer preiswerter. Beide Branchen werden von derselben staatlichen Behörde reguliert. Kritiker werfen der Bundesnetzagentur vor, mit zweierlei Maß zu messen. Die Realität der Regulierung ist jedoch komplizierter.

Staatliche Regulierung hat auf dem deutschen Telekommunikationsmarkt seit den 1990er Jahren nachhaltige Spuren hinterlassen. Insgesamt ist der deutsche T-Markt anders, wenngleich aus Sicht der Regulierungsbehörden keineswegs einfacher strukturiert als der Strommarkt: Dort haben die vier großen Spieler, RWE, E.on, Vattenfall und EnBW, jeweils regionale Claims abgesteckt. Bundesweit hat es die Netzagentur also immer mit mindestens vier Kontrahenten zu tun.

Dagegen dominiert im Kommunikationsbusiness nach wie vor ein einziger Akteur, die Deutsche Telekom. Ihr gehören die meisten Netze und Leitungen, also die – neudeutsch – »Hardware«. Das macht es der Netzagentur paradoxerweise manchmal einfacher, nicht zuletzt, weil neue Konkurrenten für die Telekom auch der Bonner Behörde Druck machen. Den staatlichen Regulierern ist es gelungen, die T-Netze für Konkurrenten weitgehend »diskriminierungsfrei« zu öffnen und mehr oder weniger faire Preise für die Nutzung der Telekom-Hardware durchzusetzen. Da die Netze der eigentliche Kostenfaktor sind, die Inhalte – anders als der teuer produzierte Strom – aber von den Konsumenten oder dem Internet nahezu umsonst bereitgestellt werden, ist die Wirksamkeit der Bundesnetzagentur für die Verbraucher ungleich segensreicher als bei der Elektrizität. Dort machen die Kosten der großen bundesweiten Verteilungsnetze nämlich nur noch rund 25 Prozent des Strompreises aus. Tendenz laut Bundesnetzagentur weiter sinkend. Bei der Telekommunikation sind es hingegen über 90 Prozent.

Dazu begünstigen technische Entwicklungen einen Wettbewerb, der lange über Preissenkungen ausgetragen wurde. Mit der zunehmenden Bedeutung des Handys und dem Aufbau flächendeckender Mobilfunknetze wurde das Hardware-Monopol der Deutschen Telekom von der britischen Vodafone, der spanischen O2 und der niederländischen E-Plus geknackt, die eigene Sendestationen besitzen. Und der Marktanteil der Telekom bei Handys liegt mittlerweile bei unter 40 Prozent. Zudem ist die Wechselbereitschaft der oft jugendlichen Verbraucher weit größer als die der Haushalte beim Strom. Das beflügelt den Wettbewerb und lässt die Preise purzeln.

Trotzdem wünschen sich die Verbraucherzentralen weitere preissenkende Regulierungsschritte, etwa beim mobilen Datentransfer, bei Anrufen vom Festnetz ins Mobilfunknetz oder aber den von der EU-Kommission gesenkten, aber immer noch zu hohen Roaminggebühren bei Handygesprächen im Ausland. Dabei ist auch die Politik gefordert, denn die Netzagentur kann nur so gut regulieren, wie es das Telekommunikationsgesetz zulässt.

Ohnehin nutzen auch in der Telekommunikation die vier Oligopolisten ihre Marktmacht für lukrative Extraprofite: Die Preise hierzulande sind noch höher als in Großbritannien, Frankreich und den USA. Außerdem warten Millionen Bürger in der deutschen Provinz bislang vergeblich auf schnelle Internet-Anschlüsse. Abhilfe will hier die Bundesregierung mit einer »Breitbandstrategie« schaffen: Milliardenschwere Subventionen von Bund, Ländern und Kommunen sollen den Ausbau der Infrastruktur für die Konzerne lukrativ machen. Auch das ist eine Form der Regulierung, eine kostspielige für den Staat.


Zahlen & Fakten

In der zurückliegenden Dekade ist der durchschnittliche Preis für ein einminütiges Telefonat von über 30 auf unter 2 Cent gefallen. Im vergangenen Jahr sanken die Preise für Festnetz, Internet und Mobilfunk erneut, nach Angaben des Statistischen Bundesamts um 2,4 Prozent. Doch obwohl die Preise purzeln, fließt unterm Strich immer mehr Geld in die Kassen der Telekom-Konzerne. Langsam aber stetig stiegen in der zurückliegenden Dekade die Ausgaben der Bundesbürger für Internet, Handy und Festnetz: Mittlerweile gibt der durchschnittliche Haushalt pro Monat 60 Euro für Telekommunikation aus. hape

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