Guttenberg punktet an Afghanistan-Front

Verteidigungsminister holte sich Vertrauen ab

  • René Heilig
  • Lesedauer: 3 Min.
Verteidigungsminister zu Guttenberg war an der Front in Afghanistan. Er wolle die Realitäten nicht nur vom Schreibtisch aus beurteilen, sagte er. Das brachte Punkte bei der Truppe.

In diesem Sommer hat der »Spiegel« mit Hilfe von Umfragen herausfinden wollen, wem die Bundesbürger noch trauen. Eine Frage lautete: »Wer verkörpert ein Deutschland, wie Sie es sich wünschen?« Platz 1 mit 84 Prozent der Stimmen belegte der TV-Moderator Günther Jauch, gefolgt von Altkanzler Schmidt, Fußball-Nationaltrainer Löw und Kickerstar Schweinsteiger. Auf Platz 5 kamen Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) und Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) ins Ziel.

Das ist schon erstaunlich angesichts der Arbeitsergebnisse der beiden geadelten Union-Stars. Zwar ist weit über die Hälfte der deutschen Bevölkerung gegen den Krieg in Afghanistan – den der Verteidigungsminister als »Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt« (im Frieden!) maßgeblich zu verantworten hat – und doch ist der Mann beliebt wie kein zweiter aus der Regierungsriege. Guttenbergs »Wochenendausflug« an die Front hat seine Popularität noch verstärkt. Er ist der erste Ressortchef, der das Gemetzel in Afghanistan (fast) Krieg nennt und sich dann auch noch hineinwagt.

Profi im PR-Geschäft

Der Minister beherrscht das PR-Geschäft. Das merkt man, wenn man ihn in den TV-Nachrichten durch den Feldstecher auf die Reisfelder im Baghlan-Tal blicken sieht. Die Soldaten – darunter Gebirgsjäger wie er einer war – haben ihre Stellung von den Sowjets »ererbt« und sie weiter ausgebaut. 200 Militärs, darunter drei Frauen, stehen auf diesem vorgeschobenen Posten zur Verteidigung »unserer Freiheit« am Hindukusch. Es ist staubig und heiß. Beim Lagevortrag sieht zu Guttenberg viel Rot auf der Karte. Rot markiert man den Feind. Der ist zwar unsichtbar, als der Minister zu Besuch kommt, doch er ist da, überall, erfahren genug, im richtigen Moment zuzuschlagen.

Erinnerung an Vietnam

Die Bilder im Fernsehen erinnern an Szenen aus Vietnam. Dort haben sich die US-Truppen auch in Stützpunkten eingegraben und gehofft, der nächste Angriff der Rebellen möge so lange wie möglich auf sich warten lassen. Hubschrauber waren die einzige halbwegs sichere Verbindung zu den Kameraden im fernen Camp.

Da mag der afghanische Präsident Hamid Karsai gegenüber dem Bundestagspräsidenten Norbert Lammert (CDU) noch so sehr das Vorgehen der ausländischen Truppen kritisieren und plötzlich erkennen, dass der Krieg gegen den Terrorismus in den Dörfern Afghanistans wenig effizient ist und vor allem zivile Opfer fordert. Guttenbergs Soldaten sehen das anders und würdigen den Gast, weil der dorthin kommt, wo die Gefahr am größten ist, sagte der Kommandeur der eingeigelten Truppe, Jared Sembritzki.

Solche Aussagen von echten »Helden« will zu Guttenberg hören. Er braucht das Vertrauen der Soldaten – vor allem als Argument in den eigenen politischen Reihen. Schließlich trifft er mit seinen Umbauvorschlägen zur Effektivierung der Bundeswehr auf große Widerstände.

Vom angekündigten Rückzug aus Afghanistan ist indessen immer weniger die Rede.

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