Die dunkle Seite des Goldrauschs

Spekulativer Preisanstieg hält an / Abbau bedroht Wasserversorgung

  • Knut Henkel
  • Lesedauer: 3 Min.
Gold ist als Krisenwährung so gefragt wie schon lange nicht mehr. Der Preis für eine Feinunze (31,1 Gramm) notierte am Freitag bei 1300,07 US-Dollar – ein neuer Rekord. Doch der Spekulationsboom hat massive negative Folgen in den Abbauregionen.

Analysten haben die US-Notenbank als Ursache des neuerlichen Nachfragebooms nach Edelmetallen wie Gold, Silber und Platin verantwortlich gemacht. Die Ankündigung weiterer konjunkturstützender Maßnahmen in Kooperation mit niedrigen Zinsen sorgen dafür, dass Liquidität en gros vorhanden ist. Und nun suchen die vagabundierenden Milliarden nach einer sicheren Anlage – zum Teil aus Angst vor Geldentwertung und einer neuerlichen Krise in den USA. Dies ist in Zeiten der Unsicherheit traditionell Gold und deshalb hat sich der Kurs des gelben Metalls in den letzten Jahren verdoppelt. Im Juni 2007 pendelte der Kurs noch um die 650 US-Dollar, derzeit ist es annähernd das Doppelte.

Ein Ende der Börsenrallye ist nicht in Sicht, denn Spekulanten kaufen die derzeitige Fördermenge locker auf. Goldschmiede und die Industrie decken ihren Bedarf hingegen nahezu komplett durch das Recycling des Edelmetalls.

Besonders ausgeprägt ist der spekulative Run in Deutschland. Allein im zweiten Quartal dieses Jahres kauften deutsche Anleger laut der Fachzeitschrift »Gold Demand Trends« 44,4 Tonnen Gold. Angesichts der hohen Nachfrage steigt der Druck von Bergbauunternehmen auf Regierungen, weltweit neue Konzessionen zu vergeben und bestehende Minen zu erweitern.

Zum Teil mit massiven Folgen, denn der Goldabbau konkurriert in den Förderregionen immer häufiger mit der Landwirtschaft und der Bevölkerung um das Wasser. Das ist in der größten Goldmine Lateinamerikas, im peruanischen Cajamarca, nicht anders als in zahlreichen Ländern Afrikas. Im Großraum Johannesburg in Südafrika gelangen täglich 100 Millionen Liter saures, hochgiftiges, teils radioaktives Wasser in den Wasserkreislauf. Der Abbau des Edelmetalls verschlingt nämlich nicht nur Unmengen an Wasser, sondern er verschmutzt es auch. Das Gold wird nämlich mit hochtoxischen Zyaniden oder auch mit Quecksilber aus dem Gestein gelöst – jedes Leck kann extreme Folgen für die Bevölkerung bedeuten. »Für die Menschen in den Abbaugebieten bedeutet dieser Goldrausch, dass sie ihr Land verlieren, dass ihr Wasser vergiftet und die Umwelt zerstört wird«, kritisiert Sebastian Rötters, Bergbau-Referent der Menschenrechtsorganisation FIAN Deutschland. »Das auf diese Weise geförderte Gold glänzt nicht, sondern vergiftet.«

Der spekulative Run auf das Edelmetall verschärft das Problem noch, denn die hohen Preise sorgen dafür, dass immer neue Vorkommen gesucht werden. In Kolumbien sollen die ökologisch sensiblen Paramo-Gebiete der Anden dem Goldabbau geopfert werden. Ähnliches hat auch die peruanische Regierung vor, nur wehrt sich dort die Bevölkerung energisch dagegen und hat bereits Schutzzonen ausgerufen. FIAN appelliert daher an die EU-Kommission, eine Resolution des Europaparlamentes umsetzen. Dieses hatte mit überwältigender Mehrheit gefordert, dass der Einsatz des hochgiftigen Zyanids bei der Goldextraktion innerhalb der EU verboten wird. Ein solches Verbot hätte weltweit Signalwirkung und könnte zumindest den weltweiten Run aufs Gold dämpfen. Für die Menschen in den Abbauländern wäre dies eine gute Nachricht.


Lexikon

Der aktuelle Goldpreis wird an Warenterminbörsen ermittelt, wo auch diverse andere Metalle, aber auch Agrarrohstoffe gehandelt werden. Führend in Sachen Goldhandel ist die New Yorker Rohstoffbörse COMEX. Weitere wichtige Handelsplätze sind Tokio, Chicago, Istanbul und Mumbai. Wegen der nicht sehr großen und stark begrenzten Handelsmengen unterliegt der Goldpreis extremen Schwankungen. Starken Einfluss haben hier Notenbanken, Goldminengesellschaften und verstärkt Hedgefonds, die mit Derivaten zocken. ND

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal