Bosniens »überflüssige« Wahlen

Die beiden Gliedstaaten des EU- und NATO-Protektorats wollen nichts voneinander wissen

  • Michael Müller, Sarajevo
  • Lesedauer: ca. 3.5 Min.

»Was gibt es da für uns schon viel zu wählen«, fragt Jasmila Sinanovic, eine 47-jährige Lehrerin in Sarajevo. »Was hier im Land passiert, ist doch sowieso alles von außen gesteuert.« Mit diesem Land meint sie ihr, wie sie es warmherzig und etwas verbittert nennt, »Heimatland Bosnien«.

Ein in die Jahre gekommenes Friedensdenkmal in Sarajevo
Ein in die Jahre gekommenes Friedensdenkmal in Sarajevo

In der Republik Bosnien und Herzegowina (BiH) finden am Sonntag allgemeine Wahlen statt. Doch eigentlich haben die Wähler keine Wahl. Zum einen nicht wegen der hoffnungs- und ausweglosen sozialen Situation: 165 Euro Durchschnittslohn, über 40 Prozent Arbeitslosigkeit, um die 50 Euro Sozialhilfe. Zum anderen nicht, weil das Staatsgebilde unregierbar ist. Zumindest in der Konstruktion, die das Dayton-Abkommen, das 1995 den Bosnienkrieg befriedete, vorgibt. Denn hinter dem Kennzeichen »BiH« mag eine Republik stecken, aber kein Land.

Wer die Grenze passiert, kommt entweder in der Serbischen Republik (Republika Srpska – RS) an oder in der Föderation Bosnien und Herzegowina. Mit allem separaten Fahnen- und Wappenprotz sowie den Witzen über die innerstaatlichen Nachbarn. Die gemeinsame Landeswährung heißt Mark (zu je 100 Feniga). In dem einen der beiden autonomen Gliedstaaten leben fast ausschließlich Serben, im anderen muslimische Bosn...


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