nd-aktuell.de / 16.10.2010 / / Seite 23

Ernst Klaar

Kalenderblatt

Martin Stolzenau

Sein hinterlassenes Werk verrät eine überdurchschnittliche Begabung. Neben den Prologen für Arbeiterfesttage wirken vor allem seine Gedichte nach. Sie offenbaren ein feinsinniges Naturgefühl, eine hohe Bildhaftigkeit sowie Ausdruckskraft und eine stimmungsvolle Melodik. Dazu gesellte sich eine bemerkenswerte Satire. Das machte ihn einst in ganz Deutschland bekannt und erhob ihn in der DDR trotz mancher Kritik an seiner politischen Orientierung zu einem Eckpfeiler der frühen sozialistischen Literatur.

Ernst Klaar (Foto: Verlag Heimatland Sachsen GmbH Chemnitz) wurde 1861 als Sohn eines Webers in Chemnitz geboren. Er besuchte die Volksschule und absolvierte anschließend eine Schriftsetzerlehre. Doch der bildungshungrige und literaturinteressierte Junge wollte mehr. So besuchte er in Chemnitz noch die Fortbildungsschule des Handwerkervereins. 1881 ging er auf Wanderschaft, die ihn durch ganz Deutschland sowie nach Norditalien und Dänemark führte. Überall erlebte er Ausbeutung und soziale Unge- rechtigkeit. Das machte ihn zu einem Parteigänger der Sozialdemokratie. 1884 ließ er sich in Dresden nieder, wo er als Schriftsetzer arbeitete, nebenbei seine ersten literarischen Versuche veröffentlichte und trotz Verfolgung SPD-Mitglied wurde. Der gebildete und sprachbegabte Genosse machte sich mit seiner Feder schnell einen Namen. 1888 gab er den Beruf des Schriftsetzers auf und arbeitete fortan als freier Publizist und Schriftsteller. Er wurde zu einem der wichtigsten Mitarbeiter der Satirezeitschrift »Der süddeutsche Postillon«. Später arbeitete er auch für »Der Wahre Jakob«, einem Stuttgarter Konkurrenzblatt, das etwas gemäßigtere Töne anschlug.

Seine Gedichtsammlungen »Aus dem Klassenkampf« sowie »Mit Knute und Bombe« zeugen von klassenkämpferischem Zorn. Da heißt es u. a.: »Menschen gebeugt von der Arbeitslast,/ Totenähnlich im Schlummer / Hinter der spärlichen Lampe Glast/ Saß bei der Nadel der Kummer,/ Wind-schief die Hütten und morsch das Gebälk,/ Öde die niederen Stuben …« Seine Partei übte sich mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges in Anpassung. Der Publizist Klaar forderte Frieden. Die Ereignisse überrollten ihn und drängten den proletarischen Dichter ins Abseits. Darüber verstarb er am 13. Oktober 1920 in Dresden.