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In Köln öffnet nach 15 Jahren Bauzeit ein interessanter Museumskomplex

  • Christoph Driessen, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.

Köln hat jetzt auch eine Museumsinsel. Eine Insel zwischen Schnellstraßen, U-Bahn-Baustellen und Bürohäusern. Heute wird der neue Kulturkomplex eröffnet.

Köln. »Ich denke, die Schönheit dieser Stadt sind ihre Menschen«, hat der italienische Architekt Renzo Piano einmal über Köln gesagt. Charmanter lassen sich die städtebaulichen Defizite der rheinischen Frohsinnsmetropole wohl nicht umschreiben. Aber in letzter Zeit putzt sich Köln stellenweise heraus. Vorläufiger Höhepunkt: ein Kulturkomplex am Neumarkt, der ein Völkerkunde- und ein Mittelalter-Museum vereint. 15 Jahre haben die Kölner daran gearbeitet. Der Fleck, auf dem der Bau jetzt steht, erlangte zeitweise traurige Berühmtheit als das Kölner Loch – eine Brachfläche mitten im Zentrum.

Aber jetzt hat es doch noch geklappt. Der Komplex der Architekten Heiner Sendelbach und Uli Schneider ist ein festungsartiger Ziegelbau, der von einem Lichthof mit großzügigem Foyer durchschnitten wird. Seine spröde Monumentalität passt gut nach Köln, wo man es seit Fertigstellung des Doms nicht mehr so hat mit der Effekthascherei. Drinnen präsentieren sich zwei Museen, die viel besser sind als ihre Namen vermuten lassen. Das eine nennt sich drollig Schnütgen, das andere sperrig Rautenstrauch-Joest. Bisher war das ein Völkerkundemuseum. Aber bei Völkerkunde denkt man heute an Baströcke, Federschmuck und Missionare im Kochtopf. Deshalb ist es nun ein Museum für die Kulturen der Welt. Der Leitgedanke ist: Wie gehen Menschen in anderen Teilen der Welt mit den großen Fragen des Lebens um? Beispiel Tod: Bei uns wird er verdrängt, andere Kulturen tun das nicht. »Dort gibt es große, farbenprächtige Begräbnisprozessionen, oder die Angehörigen werden noch lange nach ihrem Tod in die Familie integriert, indem man mit ihnen spricht oder ihnen Opfergaben darbringt«, sagt Vize-Direktorin Jutta Engelhard. Hinter dem Namen Schnütgen verbirgt sich ein großes Mittelalter-Museum, das bisher aber klein erschien, weil es viel zu wenig Platz hatte. Jetzt erstreckt es sich außer auf die unmittelbar angrenzende romanische St. Cäcilien-Kirche auch auf den Neubau. Das Museum verfügt über absolute Top-Stücke, darunter einen 1000 Jahre alten Jesus am Kreuz, der aussieht, als wäre er vor 100 Jahren von dem Expressionisten Ernst Barlach geschnitzt worden. Köln trieb im Mittelalter ein groß angelegtes Merchandising mit seinen Heiligen. Wenn man richtig Geld hatte, konnte man sich einen ganzen Schädel kaufen, der in einem aufklappbaren Holzkopf verstaut wurde. Für den Durchschnittstouristen gab es angenehm leichte Reliefs aus Pappmaché oder Pfeifenton-Männchen, die als Massenware hergestellt wurden.

Köln war damals eine der europäischen Top Five Destinations, von Berlin sprach noch keiner. Es hieß zur Hälfte sogar Cölln.

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