Versicherer unterbieten sich bei Prämien – doch viele Stolperfallen

Autoversicherung - Wie junge Fahranfänger und Frauen sparen können

  • Lesedauer: 7 Min.
Der Herbst ist da, und damit beginnt die Wechselsaison in der Kraftfahrzeugversicherung. Noch bis zum 30. November können Sie Ihre Autoversicherung für 2011 kündigen. Das kann sich lohnen. Doch ist auch hierbei der Preis nicht alles. Denn Preis und Leistung müssen stimmen.

Mit Reklamesprüchen wie »Heißer Herbst«, »Wechseln und Geld sparen« oder »Gut muss nicht teuer sein« werben die Kfz-Versicherungen. Schon lange tobt ein heftiger Preiskampf in der Branche. Jahr für Jahr wurden die Prämien aus dem Vorjahr unterboten. Damit soll 2011 Schluss sein. Auch, weil mittlerweile die ersten Unternehmen in Schwierigkeiten stecken und sich zwei ausländische Direktversicherer sogar vom deutschen Markt verabschiedet haben.

Seit Jahren sinken die Beitragseinnahmen der Assekuranz: Zahlten die deutschen Autofahrer 2004 noch mehr als 22,5 Milliarden Euro in die Versicherungskassen, waren es im vergangenen Jahr gerade noch 20,1 Milliarden Euro. Dabei sanken nicht allein die Prämieneinnahmen, gleichzeitig stieg auch die Zahl der versicherten Fahrzeuge um mehr als zwei Millionen Stück.

Im Ergebnis konnten die Konzerne laut dem Internetdienst »Financescout24« nur noch 220 Euro jährlich für eine Autohaftpflicht-Police verbuchen. Vor dem Preisverfall waren es durchschnittlich noch 264 Euro.

Jahrelang haben sich die Versicherer über Kampfpreise gegenseitig die Kunden abgejagt. Dadurch gaben die Assekuranzen mehr Geld aus, als sie an Prämien einnahmen. So soll die aktuelle Pämieneinnahmen-Kosten-Quote, die das Verhältnis von Schadensaufwendungen, Verwaltungs- und Vertriebskosten im Vergleich zu den Beitragseinnahmen beschreibt, 106 Prozent betragen.

Im Klartext heißt das: Die Gesellschaften machen mit jeder abgeschlossenen Kfz-Police ein Minusgeschäft, und die Unternehmen werden auch 2010 einige hundert Millionen Verluste einfahren. Werbekosten, denn die Autoversicherung gilt als Türöffner für andere, lukrativere Verträge wie Lebensversicherungen und Riester-Renten.

Allerdings haben nicht alle im Preiskampf mitgespielt. Branchenprimus Allianz war in der Vergangenheit nicht bereit, bei den Preisen nachzugeben. Wo es nun wieder bergauf gehen soll, hält sich die Allianz erneut bedeckt. Mit einem Marktanteil von über 15 Prozent ist die relativ teure Allianz allerdings immer noch mit weitem Abstand Marktführer, gefolgt von HUK-Coburg, Axa und HUK-Coburg Allgemeine mit je etwa fünf Prozent.

Einige Verlierer im Preiskampf versuchten es mit Tricks. So verlegten sie den Kündigungstermin. Traditionell können alle Versicherten ihren Vertrag zum 30. November kündigen. Die intensive Werbung und die Berichterstattung in den Medien sorgt in jedem Herbst für eine unerwünschte Abwanderung von Kunden. Hochrechnungen gehen davon aus, dass bis zu einem Drittel der Autofahrer den Versicherer wechseln oder einen günstigeren Vertrag bei ihrem alten Versicherer abschließen.

Prämien ziehen an

Die Assekuranzen wollen nun in diesem Herbst den jahrelangen Preisrückgang stoppen. Die Prämien sollen endlich wieder steigen, heißt es in der Branche. Darum müssen Kunden bei einem Fahrzeugwechsel mit deutlich höheren Versicherungsprämien rechnen. »Der jahrelange Preisrückgang bei der Kfz-Versicherung ist beendet«, meint zum Beispiel das Internetvergleichsportal Check24. »Wir haben verschiedene Fahrzeugwechslerprofile von typischen Fahrzeugen wie Golf und Corsa verglichen und dabei Preissteigerungen von bis zu 115 Prozent festgestellt«, warnt Daniel Friedheim von Check24.

In den Vergleich wurden die Beiträge von Haftpflicht- und Kaskoversicherung einbezogen. Auch die Unternehmensberatung Nafi, die ebenfalls Kfz-Versicherungen vergleicht, registriert steigende Prämien. Allerdings werden in jedem Herbst in der Branche Stimmen laut, die vor steigenden Preisen warnen – und damit vor einem möglichen Wechsel des Anbieters.

Wie dem auch sei: In dieser Wechselsaison bleiben die Preisunterschiede zwischen den einzelnen Versicherern riesig. »Fast jeder kann sparen«, rät die Stiftung Warentest. Selbst unter den günstigsten Tarifen gibt es noch Preisunterschiede von bis zu 200 Euro, und die Spanne zwischen dem teuersten und dem billigsten Angebot kann sogar bis zu 1000 Euro pro Jahr betragen. Häufig ist die Kluft besonders groß bei jungen Fahranfängern. Tarifeinsteiger zahlen ohnehin am meisten, und daher ist auch das Einsparpotenzial besonders hoch.

Online-Vergleichsportale mit Haken

Autofahrer sollten ihren alten Vertrag jährlich überprüfen und ein wenig in die Zukunft schauen: Was gestern günstig war, muss es im kommenden Jahr nicht mehr sein! Die Preise bei den Autoversicherern sind ständig in Bewegung, und zwar nach oben wie nach unten. Ein Autofahrer muss nur umziehen oder älter werden – schon können sich die Prämien verändern. 2011 bekommt zudem jeder dritte Wagen eine neue Typklasse verpasst. Fast ebenso häufig wird sich die Regionalklasse für Autofahrer ändern.

Unsere Tipps

Lassen Sie sich von zwei, drei Assekuranzen ein konkretes Angebot schicken. Wenige Telefonanrufe genügen für eine Marktübersicht.

Fragen Sie auch einmal bei Ihrem eigenen Versicherer an! Manchmal genügt ein Anruf, damit Ihnen ein günstigerer Vertrag angeboten wird. Dieser kann preisgünstiger sein oder bessere Leistungen im Schadensfall bieten.

Eine zumindest grobe Übersicht über das Marktgeschehen bietet das Internet. Etliche Internetseiten haben Autoversicherungs-Vergleichsportale. »Hier müssen Kunden darauf achten, wie aktuell die Ergebnisse der Onlinevergleiche sind«, rät die Stiftung Warentest. Außerdem wichtig: Die Portale sollten eine große Zahl – mindestens 80 – unterschiedlicher Tarife vergleichen.

Frauen fahren preisgünstiger

Doch der Preis ist auch in der Kraftfahrtversicherung nicht alles. Oft werden die Leistungen, also die Qualität eines Versicherungstarifs, in den Auswertungen im Internet nicht berücksichtigt. Auch aus diesem Grund lohnt es sich, mehrere konkrete Angebot einzuholen.

Erst vor wenigen Jahren tauchten die ersten Versicherungsangebote mit Werkstattbindung auf. Die Versicherer hofften, dadurch die Kosten besser in den Griff zu kriegen. Wer einen Tarif mit Werkstattbindung abschließt, ist verpflichtet, beim selbst verursachten Schaden den eigenen Pkw in einer vom Versicherer festgelegten Werkstatt reparieren zu lassen.

Mittlerweile bieten fast alle Assekuranzen Verträge mit Werkstattbindung an. Dadurch können Sie regelmäßig Prämien sparen. Sie müssen jedoch unter Umständen weite Wege in Kauf nehmen, und die (Marken-) Werkstatt Ihres Vertrauens müssen Sie links liegen lassen. Das kann den Wiederverkaufswert Ihres Wagens schmälern.

Sparen können Sie auch mit Kindern. Versicherer belohnen junge Fahrer, die zuvor am begleitenden Fahren durch Eltern oder andere über Dreißigjährige teilgenommen haben. Auch Eltern, die ihre Zöglinge das Familienauto mitbenutzen lassen, zahlen weniger, wenn die Kinder zuvor schon unter Aufsicht gefahren sind.

Wenn Partner oder Eheleute überlegen, sich ein Auto zu kaufen, können sie womöglich viel Geld einsparen, wenn sie Auto und Police auf den Namen der Frau anmelden. Frauen verursachen nur halb so viele schwere Unfälle wie Männer. Einige Versicherer honorieren das, indem sie von Frauen niedrigere Versicherungsbeiträge verlangen.

Neben dem Frauenrabatt in der herkömmlichen Form haben viele Versicherer spezielle Tarife für geschiedene Frauen oder allein erziehende Frauen entwickelt. So gelten für geschiedene Frauen oftmals abweichende Regelungen für die Einstufung in die Schadenfreiheitsklassen, sofern das Fahrzeug zuvor über den ehemaligen Ehemann versichert worden war. Frauentarife sind außerdem nicht personengebunden. Ist in der Versicherungspolice ein Rabatt eingeräumt, so bezieht sich dieser nicht auf eine einzelne Person. Das ermöglicht im Gegensatz zum Alleinfahrerrabatt auch eine Mehrpersonennutzung des Wagens.

Worauf Sie achten sollten

Wie in anderen Versicherungsverträgen lauern seit der Liberalisierung der gesetzlichen Regelungen in den neunziger Jahren auch in der Autoversicherung viele Stolperfallen. Die Kfz-Haftpflicht ist zwar noch weitgehend standardisiert, doch wer eine Teilkasko oder Vollkasko wählt, sollte ganz genau hinschauen.

Für Käufer von Neuwagen ist interessant, wie lange nach dem Kauf der Versicherer den Neupreis ersetzt. Die Dauer variiert zwischen sechs und 24 Monaten nach dem Kauf des Wagens. Ohne Neuwertentschädigung bekommen Sie beim schrottreifen Wagen nur den Wiederbeschaffungswert ersetzt. Der liegt bei einem Auto, das nur wenige Tage alt ist, oft deutlich unter dem Kaufpreis.

Vor allem billige Basistarife können weitere Stolperfallen enthalten. Viele Versicherer behalten sich die Kürzung der Leistung bei grober Fahrlässigkeit vor. Doch auch ND-Leser überfahren mal ein Stoppschild oder biegen falsch ab. In einem solchen Fall kann es nach einem Unfall passieren, dass die Assekuranz einen Teil des Schadens nicht begleicht.

Dies kann ebenfalls passieren, wenn Sie ins Ausland fahren. Schauen Sie genau nach, ob der Geltungsbereich Ihres Vertrages uneingeschränkt ist. Einige Anbieter nehmen einzelne Länder oder ganze Regionen – zum Beispiel in Osteuropa – aus dem Kaskoschutz heraus.

Haftpflicht, Teilkasko, Vollkasko

Jeder Fahrzeughalter in Deutschland ist gesetzlich dazu verpflichtet, eine Kfz-Haftpflichtversicherung abzuschließen. Dadurch werden bei einem Autounfall die Schadensersatzansprüche eines Dritten abgedeckt. Dagegen ist eine Kaskoversicherung freiwillig.

Unterschieden wird in Teil- oder Vollkaskoversicherung. Die Teilkasko kommt für Schäden am Ihrem Fahrzeug auf, wie beim Wildunfall oder bei Diebstahl. Von der Vollkaskoversicherung werden zusätzlich auch Schäden übernommen, die durch mutwillige Zerstörung oder Vandalismus entstehen sowie Schäden durch selbstverschuldete Unfälle an Ihrem Wagen. H.P.

HERMANNUS PFEIFFER

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