Niebels Moral der Entwicklung

  • Martin Ling
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Liberalen nehmen Lateinamerika ins Visier. Außenminister Guido Westerwelle widmete gar seine erste Auslandsreise dem Subkontinent und Entwicklungsminister Dirk Niebel zieht dieser Tage nach: Die Andenstaaten Bolivien, Peru und Kolumbien stehen auf seiner Reiseroute; Länder in denen die deutsche Entwicklungszusammenarbeit (EZ) seit Langem tätig ist.

Niebel wäre nicht Niebel, wenn es ihm nur um EZ ginge. Er macht kein Hehl daraus, dass für ihn die deutsche Wirtschaftsförderung ein Bestandteil der EZ ist. »In Bolivien sind die Rahmenbedingungen etwas schwierig«, gab er seinen Kenntnisstand vor der Abreise zu Protokoll. Er wolle mit Evo Morales über die Verstaatlichungen reden, denn Verstaatlichungen seien nicht die beste Motivation für private Investoren. Womit er fraglos recht hat. Die beste Motivation für private Investoren sind Steuerfreiheit, uneingeschränkter Gewinntransfer sowie fehlende Sozial- und Umweltstandards. Nur dass mit dieser Strategie keine Entwicklung zu erreichen ist. Verstaatlichung per se ist freilich auch kein Entwicklungskonzept, doch das seit den 80er Jahren zwangsliberalisierte Bolivien war und ist zur Erhöhung der Staatsquote verdammt, wenn es eine nachholende Entwicklung beschreiten will. Aus eben diesem Grund hat es sich den Verhandlungen zum Assoziationsabkommen der EU mit der Andengemeinschaft verweigert. Die Regierung von Morales besteht darauf, in wichtigen Bereichen, wie bei ausländischen Investitionen, geistigem Eigentum, Regierungsverträgen von blockübergreifenden Verträgen ausgenommen zu werden. Mit einer Entwicklungs-Blaupause à la Niebel ist das nicht zu vereinbaren. Da bedarf es Nachtwächterregierungen wie in Peru und Kolumbien, die die Interessen ihrer Eliten über die Bevölkerungsinteressen stellen.

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