»Wir sind keine lahme Ente!«

Der LINKE-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Zimmermann zur Haushaltsabstimmung in NRW

  • Lesedauer: 3 Min.
Am Sonntag hat der Landesrat der NRW-LINKEN entschieden: Die Linksfraktion im Landtag kann sich bei der Abstimmung über den rot-grünen Nachtragshaushalt enthalten – und ihn so ermöglichen. Wolfgang Zimmermann ist Vorsitzender der Fraktion (groß im Bild, mit den Kollegen der SPD und der Grünen). Mit ihm sprach Marcus Meier.

ND: Der rot-grüne Nachtragshaushalt wird von der Linksfraktion nicht blockiert. Gleichwohl will die LINKE noch nachverhandeln. Warum sollte Rot-Grün sich jetzt noch auf die Forderungen einer lahmen Ente einlassen?
Zimmermann: Wir sind das Gegenteil von lahm! Wir haben Nachbesserungen gefordert. Und wir haben uns an einigen Stellen durchgesetzt: Es gab schon einen Ergänzungsantrag der Landesregierung zum eigenen Haushaltsentwurf – die Kitas werden 370 Millionen Euro mehr bekommen. Das wird auch die Kommunen entlasten. Das geschah zwar nach einem entsprechenden Urteil des Landesverfassungsgerichts, aber auch auf unseren Druck hin. Für die Plenarsitzungen Mitte Dezember gibt es einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen von SPD, Grünen und LINKEN, 300 Steuer- und Betriebsprüfer einzustellen.

Die LINKE forderte 500 Prüfer »als ersten Schritt«, Rot-Grün war zunächst nur zur Einstellung von 200 bereit. Seit wann müssen ausgerechnet »Chaoten« – als solche gelten die NRW-LINKEN! – für eine solidere Haushaltspolitik durch verbesserte Steuereinnahmen sorgen?
Unser Landesverband hat sich immer auf dem linken Parteiflügel verortet, war und ist aber stets berechenbar – und durchaus nicht chaotisch. Wichtig ist, dass wir unsere Forderungen durchbringen. Ob das nun über den Nachtragshaushalt geschieht oder, wie bei der Einstellung der Betriebsprüfer, ein entsprechender Antrag im Landtag eine Mehrheit findet, ist dabei unerheblich.

Zwei wichtige Gesetzesprojekte sind in Arbeit: Ein Tariftreue- und Vergabegesetz, ferner ein Gesetz zur Revitalisierung des Gemeindewirtschaftsrechts, das die Marktposition kommunaler Unternehmen stärken würde. Bahnen sich rot-grün-rote Mehrheiten an?
Das kann man diesbezüglich durchaus sagen. Beim Gemeindewirtschaftsrecht hat die Landesregierung einen wichtigen Änderungsantrag der LINKEN übernommen: Auslandsgeschäfte kommunaler Unternehmen sollen einer Genehmigungspflicht unterliegen. Wir können der Gesetzesvorlage der Landesregierung nun in der nächsten Woche zustimmen. Wir haben die Landesregierung aufgefordert, ein Vergabe- und Tariftreue-Gesetz vorzubereiten. Wir orientieren uns dabei an den Eckpunkten des DGB in NRW. In einem wichtigen Punkt gehen wir aber über die Gewerkschaftsforderungen hinaus: Der DGB will einen Mindestlohn von 8,50 Euro bei öffentlich vergebenen Aufträgen, wir halten 10 Euro für angemessen. Der Antrag wird nun in den Ausschüssen verhandelt, im Frühjahr wird wohl ein Gesetzentwurf vorliegen.

SPD und Grüne schienen ja lange Zeit nicht wahr haben zu wollen, dass sie mit der LINKEN reden müssen, wenn sie etwas von der LINKEN wollen. Welche Schulnote geben Sie den beiden Fraktionen im Problemfach »politische Kommunikation«?
Aktuell würde ich sagen: ein »Befriedigend«. In den ersten zwei, drei Monaten nach der Landtagswahl im Mai hätte ich ein »Nicht ausreichend« vergeben. Das hat sich aber sehr schnell eingependelt – mittlerweile können wir ganz normal und professionell miteinander sprechen.

Existiert in NRW also eine informelle rot-grün-rote Koalition?
Nein. Die LINKE versteht sich nach wie vor als Oppositionspartei. Wir sind keine reinen Mehrheitsbeschaffer für die Landesregierung. Wir bringen eigene Initiativen und Anträge in den Landtag ein. Wenn es vernünftige Anträge von anderen Fraktionen gibt, dann stimmen wir zu. So haben wir unlängst einem FDP-Antrag gegen die Vorratsdatenspeicherung zugestimmt.

Bald steht der erste reguläre rot-grüne Haushalt an, nämlich derjenige für das Jahr 2011. Besteht größerer Diskussionsbedarf?
Auch im regulären Haushalt darf es keinen Sozialabbau, keinen Stellenabbau im Öffentlichen Dienst und keine Privatisierung öffentlichen Eigentums geben. Das sind unsere »roten Haltelinien«. SPD und Grüne sind gut beraten, frühzeitig mit uns in Kontakt zu treten.

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