Wem gehört der alte Helm?

Italien verlangt vor dem Verwaltungsgericht Herausgabe eines Sammlerstücks

  • Lesedauer: 2 Min.
Peter Kirschey aus Berliner Gerichtssälen
Peter Kirschey aus Berliner Gerichtssälen

Im Oktober 2001 starb im Alter von 56 Jahren Herr Axel Richard Karl Guttmann, Bauunternehmer, Ferrari- und Helmsammler, an Krebs. Bekannt wurde er vor allem als Nachwendeprofiteur, der sich beim Schacher um DDR-Interhotels kräftig verhoben hatte. Einer der Superreichen dieser Stadt hatte sich ins Jenseits verabschiedet, um sein millionenschweres Erbe wird bis heute vor Gericht gestritten. »Die Republik Italien gegen das Land Berlin«, hieß es gestern vor dem Verwaltungsgericht, und der Verblichene saß als Schatten mit auf der Beklagtenseite.

Italien verlangt die Herausgabe eines antiken griechischen Kegelhelms aus der so genannten geometrischen Zeit (6. bis 7. Jahrhundert v. Chr.), der zur Zeit in einem Schrank der Stiftung Preußischer Kulturbesitz aufbewahrt wird. Der Bronzehelm mit Pferdekopfaufsatz soll bei Raubgrabungen 1993 in Süditalien gefunden und dann illegal nach Berlin transportiert worden sein, wo er in den Besitz des Lebemannes und Immobilienhais Guttmann gelangte.

Durch einen internen Katalog des Londoner Auktionshauses Christie's, in dem der Helm mit einem Schätzwert von 1,15 Millionen DM angegeben war, wurde das italienische Kulturministerium auf die metallene Kopfbedeckung aufmerksam. Es ersuchte Berlin um Rechtshilfe. Die Staatsanwaltschaft beschlagnahmte das Stück und übergab es 2004 der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Und dort lagert es seitdem.

Aus Sicht der Nachlassverwalter des Guttmann-Vermögens sind das alles nur Vermutungen. Es gebe keine Beweise dafür, dass der Helm aus Raubgrabungen von 1993 stammt, er sei schon viel früher aufgefunden worden und 1990 in den Guttmann-Besitz übergegangen. Deshalb seien die Erben die rechtmäßigen Eigentümer. Außerdem habe Guttmann einen Bildband mit dem Abbild des Helms an alle wichtigen Museen der Welt verschickt. Das hätte er nicht getan, wenn dort Diebesgut abgebildet gewesen wäre.

Die deutschen Anwälte des italienischen Kulturministeriums zogen noch eine weitere Trumpfkarte aus dem Ärmel: Ein ungenannt bleibender Informant hätte ihnen gegenüber sehr detaillierte Angaben zum Helm und zu anderen Stücken aus der Guttmann-Sammlung machen können. Möglicherweise gehe es hier um viel mehr, als nur um ein einzelnes antikes Metall – ein groß angelegtes Gangsterstück. Einzelheit blieben jedoch im Nebel.

Das Gericht hegte Zweifel, ob es überhaupt der richtige Ansprechpartner für diesen Fall sei. Das Land Berlin sei nur der Aufbewahrer des Helms, mehr nicht. In diesem diesem Falle griff schließlich die Verjährung, da die italienische Regierung erst Jahre später nach Bekanntwerden der Existenz des Helmes reagiert habe.

Nach dem Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts muss der Helm deshalb nicht an Italien her-ausgegeben werden.

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