Beruhigungspille

Kommentar von Detlef D. Pries

  • Detlef D. Pries
  • Lesedauer: 1 Min.

Guido Westerwelle hat Recht: Es gibt »viel zu viel Schatten« in Afghanistan. Statistiker haben registriert, dass es die 19. Regierungserklärung zu Afghanistan war, in der diese bemerkenswerte Feststellung getroffen wurde – nach neun Jahren Kriegseinsatz einer zuletzt auf 130 000 Mann aufgestockten internationalen Streitmacht. Schon diese trockenen Zahlen stehen für das Scheitern einer Strategie.

Westerwelle bemüht das Schatten-Bild freilich nicht ohne Grund: Schatten ist nur, wo irgendwo ein Licht strahlt. Das zu beschreiben wurde ein erster »Fortschrittsbericht« erstellt. 20 Schulen beispielsweise wurden 2010 dank deutscher Hilfe am Hindukusch erbaut. Wer will das kritisieren? Könnte allerdings sein, dass die neuen Schulen demnächst wieder ins Kreuzfeuer von NATO und Aufständischen geraten oder als Kollateralschaden eines Bombardements abgeschrieben werden müssen. Zwar berichteten auch US-Militärs ihrem Präsidenten vage, die »Dynamik« der Taliban sei »gebrochen«, doch am selben Tag klagte das Internationale Rote Kreuz, der Konflikt breite sich aus, die Situation der Bevölkerung habe sich verschlechtert. Wenn Westerwelle bei unveränderter Strategie »zuversichtlich« verkündet, Ende 2011 könne mit dem Abzug der ersten Bundeswehrsoldaten begonnen werden, wozu der Verteidigungsminister beredt schweigt, ist das nichts als eine Beruhigungspille für jene 71 Prozent der Deutschen, die den Kriegseinsatz ablehnen.

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