Schwache Politiker

  • Barbara Martin
  • Lesedauer: 2 Min.

Es ist nicht zu erwarten, dass in Stuttgart noch eine Aktennotiz auftaucht, in der steht: »Ministerpräsident fordert Räumung der Stuttgart-21-Gegner aus dem Schlossgartens um jeden Preis.« Das ist auch allen klar, die im Untersuchungsausschuss versuchen, ein wenig Licht in die Umstände des harten Polizeieinsatzes vom 30. September zu bringen. Dass Stefan Mappus gestern von sich aus Verantwortung für den desaströsen Einsatz übernommen hätte, wäre ebenfalls eine Überraschung gewesen. Der Regierungschef machte es wie die anderen CDU-Leute, die vernommen worden waren: Er schob der Polizei die Schuld zu. Dazu wiederholte er in einer Art Endlosschleife, die Stuttgart-21-Demonstranten seien zunehmend gewaltbereit und damit auch schuld an jedweder Eskalation. Zu gerne möchte die CDU das öffentliche Bild vom bürgerlich geprägten Widerstand vergessen und Opfer zu Tätern machen.

Das ist zwar durchsichtig, könnte aber klappen. Nicht zuletzt wegen der schwachen Opposition. Die SPD- und Grünen-Vertreter im Untersuchungsausschuss scheinen zu schwimmen. Grünen-Obmann Uli Sckerl fiel gestern kaum eine Frage ein. Auch die SPD-Seite blieb lasch und fragte vor allem nach dem Muster: »Hätten Sie nicht, wenn Sie das und das gewusst hätten, besser anders entschieden?« Hätte, könnte, wollte. So stellt man den politischen Gegner weder ins Abseits noch verführt man ihn zu widersprüchlichen Aussagen. Bleibt die Frage, ob die Opposition das nicht will oder ob sie es nicht kann. Deutlich wurde zumindest, dass weder die Grünen noch die SPD Personal in den Ausschuss geschickt haben, das durch Scharfsinn glänzt.

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