Richtfest im Kosmos

Vor 25 Jahren begann der Aufbau der sowjetischen Weltraumstation »Mir«

  • Martin Koch
  • Lesedauer: 3 Min.

Nach dem Start von »Sputnik 1« und den ersten bemannten Weltraumflügen verlor die sowjetische Raumfahrt im kosmischen Kampf der Systeme zunehmend an Boden. Eines schmerzte in Moskau besonders: Den prestigeträchtigen Wettlauf um die erste Mondlandung hatten 1969 die Amerikaner gewonnen. Doch die Sowjets gaben sich nicht geschlagen. Bereits im April 1971 beförderten sie mit »Saljut 1« ihre erste Raumstation ins All, der bis 1982 sechs weitere dieses Typs folgen sollten. Zwar unterhielten auch die USA ab 1973 das Weltraumlabor »Skylab«. Aber mit dessen Absturz im Juli 1979 endete die kurze Ära amerikanischer Raumstationen.

Dagegen gelang der UdSSR am 19. Februar 1986 erneut eine technische Pionierleistung. Pünktlich zum XXVII. Parteitag der KPdSU, bei dem erstmals Michail Gorbatschow den Vorsitz führte, wurde von Baikonur aus das Basismodul der Weltraumstation »Mir« ins All gebracht. Es wog 20 Tonnen, war knapp 14 Meter lang und hatte einen Durchmesser von 4,20 Metern.

Mit einem Sojus-Raumschiff traf am 15. März die erste zweiköpfige Besatzung ein, deren Aufgabe zunächst darin bestand, die von unbemannten Versorgungstransportern angelieferte Ausrüstung zu installieren. Innerhalb von zehn Jahren wurde die Basisstation mit fünf Wissenschaftsmodulen bestückt, die unter anderem der astrophysikalischen und weltraumbiologischen Forschung dienten.

Mehr als 100 Raumfahrer aus zwölf Ländern weilten auf der »Mir«, die auch nach dem Ende der Sowjetunion zumeist bemannt um die Erde kreiste. Der erste von vier deutschen Astronauten war Klaus-Dietrich Flade. Im März 1992 gelangte er mit einem Sojus-Raumschiff auf die Raumstation, führte hier 14 Experimente durch und kehrte dann nach knapp einer Woche planmäßig zur Erde zurück.

Die längste Zeit an Bord verbrachte 1994/95 der russische Kosmonaut Waleri Poljakow. Mit 438 Tagen stellte er einen neuen Rekord für den durchgängigen Aufenthalt eines Menschen im All auf, der noch heute gültig ist. Im Juni 1995 dockte zum ersten Mal die US-Raumfähre »Atlantis« an der russischen Station an und gab damit den Startschuss für zehn weitere Shuttle-Mir-Missionen, deren letzte 1998 stattfand.

Zu dieser Zeit hatte es bereits einige Pannen auf der »Mir« gegeben. So war im Februar 1997 wegen eines Generatordefekts giftiger Rauch entstanden, der die dreiköpfige Besatzung zwang, vorübergehend Sauerstoffmasken anzulegen. Als im Juni desselben Jahres das Versorgungsraumschiff die Station rammte, kam es zu erheblichen Störungen bei der solaren Energieerzeugung. Doch beide Probleme konnten im Orbit behoben werden.

Nachdem alle Bemühungen gescheitert waren, private Mittel für den Weiterbetrieb der »Mir« aufzubringen, wurde die Station am 23. März 2001 zum kontrollierten Absturz gebracht.

Die vornehmlich im Westen geschürte Angst, dass die nicht verglühten Trümmerteile irgendwo auf bewohntes Gebiet fallen könnten, erwies sich als unbegründet. Die Trümmer der Station stürzten allesamt wie berechnet bei Neuseeland in den Pazifik. Zuvor hatte man von russischer Seite noch angeboten, brauchbare Teile der »Mir« für den Aufbau der Internationalen Raumstation ISS zu nutzen. Doch dies wurde von den Amerikanern abgelehnt.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal