Industrie in der Region zieht an

Unternehmerverbände Berlin-Brandenburg zufrieden mit der Wirtschaftsentwicklung im Jahr 2010

  • Sonja Vogel
  • Lesedauer: 3 Min.

»Wir schauen mit Zuversicht in das Jahr. Unsere Wachstumsprognose lautet zwei Prozent«, sagte Christian Amsinck gestern. Der Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Berlin-Brandenburg (UVB) stellte auf der Jahrespressekonferenz im Haus der Wirtschaft Eckpunkte einer zukünftigen Wirtschaftspolitik vor.

Beinahe sei das Vorkrisenniveau des Jahres 2008 erreicht. Aufwärts geht es demnach vor allem für die Exportindustrie. Die Exportquote der Berliner Industrie liegt bei 50 Prozent. »Der Aufholprozess in der Wirtschaft in Berlin und Brandenburg ist dynamischer verlaufen als erwartet«, sagte Amsinck.

Die Zuversicht zog er aus einer Umfrage der UVB, an der 60 Mitgliedsverbände teilnahmen. »Keine Branche erwartet Umsatzeinbrüche«, erläuterte Amsinck. Allerdings rechnen laut Umfrage nur vier von 15 Branchen mit Umsatzsteigerungen – nur der Maschinenbau möchte neu einstellen. »Im Laufe dieses Jahres ist mit einem Beschäftigungszuwachs zu rechnen«, betonte Amsinck trotzdem.

Die Förderung der Industrie sehen die Unternehmerverbände als zentral für die Stabilisierung der Wirtschaft. Politische Initiativen wie der »Steuerungskreis Industriepolitik« und die jüngst angelaufene Imagekampagne für die Industrie wurden darum begrüßt.

Sorgen bereitet den Unternehmerverbänden hingegen der Fachkräftemangel. Verschärft wird er durch den demografischen Wandel – Bewerberzahlen sind massiv rückläufig. Während es 2005 in Berlin 38 000 Schulabgänger gab, waren es im letzten Jahr nur 29 000. In der Region fiel ihre Zahl seither um satte 50 Prozent. Zudem verlassen mit 2800 Jugendlichen pro Jahr fast zehn Prozent aller Abgänger die Schule ohne Abschluss. »Diese Jugendlichen dürfen wir in Zukunft nicht mehr verlieren«, sagte Christian Amsinck.

Entscheidend bei der Überwindung des Fachkräftemangels sei die betriebliche Ausbildung. »Mit nur 38 Prozent betrieblichen Ausbildungsplätzen ist die Zahl in Berlin zu niedrig«, betonte der Hauptgeschäftsführer. Die UVB möchten darum über Ausbildungsverbünde auch jene Unternehmen einbinden, die bisher nicht ausgebildet haben. Mit dem Regierenden Bürgermeister habe man sich darauf geeinigt, die Zahl der Ausbildungsplätze auf 1400 zu erhöhen.

Ein weiterer Punkt ist eine leistungsfähige Infrastruktur. Der Flughafen Berlin Brandenburg (BBI) spiele dabei eine Schlüsselrolle. Die Passagierzahlen stiegen zwar kontinuierlich. Beim Umsteigeverkehr sei Berlin jedoch weit abgeschlagen. »Erst der BBI wird uns in die Lage versetzen, auch hier Wachstum zu erreichen«, sagte Amsinck. In Japan betonten die UVB, wie wichtig die regionale Braunkohleförderung für Deutschland sei. »Nun haben erneuerbare Energien eine Chance«, so Amsinck. »Jedoch nicht über Nacht.«

Während die letzten Jahre wegen der Finanzkrise von kurzfristigen Aktionen geprägt waren, rückten nun langfristige strukturelle Aspekte in den Vordergrund, sagte der UVB-Hauptgeschäftsführer. Von 2020 an müssen Berlin und Brandenburg wegen des auslaufenden Solidarpaktmittel mit deutlich geringeren Finanzen auskommen und auch die Schuldenbremse tritt dann in Kraft. Der Aufschwung mache es möglich, bis 2016 die Nettoneuverschuldung auf Null zu senken. Die Landesregierung müsse nur die »Gunst der Stunde« nutzen, sagte Amsinck.


Entwicklung und Prognosen

  • Verglichen mit dem Jahr 2010 haben Betriebe der Branche Kraftwagenbau mit 33,9 am stärksten zugelegt (im Vergleich 2009: -45,7).
  • Den geringsten Zuwachs verzeichnete das verarbeitende Gewerbe mit 4,1 Prozent im Jahr 2010. Mit -7,2 Prozent im Jahr 2009 war diese Branche kaum von der Finanzkrisen betroffen gewesen.
  • Experten gehen davon aus, dass die Zahl der Abgänger allgemeinbildender Schulen in Berlin in den nächsten Jahren weiter sinken wird. 2011 wird demnach mit einer Zahl von deutlich unter 20 000 Schulabgängern der bisherige Tiefpunkt erreicht sein.
Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Linken, unabhängigen Journalismus stärken!

Mehr und mehr Menschen lesen digital und sehr gern kostenfrei. Wir stehen mit unserem freiwilligen Bezahlmodell dafür ein, dass uns auch diejenigen lesen können, deren Einkommen für ein Abonnement nicht ausreicht. Damit wir weiterhin Journalismus mit dem Anspruch machen können, marginalisierte Stimmen zu Wort kommen zu lassen, Themen zu recherchieren, die in den großen bürgerlichen Medien nicht vor- oder zu kurz kommen, und aktuelle Themen aus linker Perspektive zu beleuchten, brauchen wir eure Unterstützung.

Hilf mit bei einer solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl.

Unterstützen über:
  • PayPal