nd-aktuell.de / 23.03.2011 / Sport / Seite 19

Erpressung statt Bestechung

Kieler Ex-Manager Schwenker beschuldigt nun die Rhein-Neckar Löwen

Erik Eggers, Kiel

Fast zwei Jahre lang hat Uwe Schwenker geschwiegen. Auch bei der Staatsanwaltschaft Kiel deutete er nie an, dass er nicht Täter im Skandal um den mutmaßlich verschobenen Sieg in der Champions League 2007 sei, sondern Opfer eines angeblichen Erpressungsversuchs. Doch jetzt, kurz bevor am 29. März der spektakulärste Prozess der Handballgeschichte vor dem Landgericht Kiel beginnt, geht der ehemalige Manager des THW Kiel in die Offensive: Er beschuldigt die Rhein-Neckar Löwen der versuchten Erpressung. Gegenstand dieser waren Schwenker zufolge die beiden Kieler Profis Nikola Karabatic und Vid Kavticnik.

»Verantwortliche der Rhein-Neckar-Löwen haben die Bestechungsvorwürfe in Verhandlungen mit THW-Verantwortlichen über Spieler-Ablösungen einfließen lassen. Es wurde außerdem versucht, die geforderte Ablösesumme von 3 Millionen Euro für Karabatic und Kavticnik auf 1,3 Millionen Euro zu drücken«, heißt es in einer Erklärung von Schwenkers Anwälten.

Schwenker und Ex-Trainer Noka Serdarusic wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, das Finalrückspiel der Champions League 2007 gegen die SG Flensburg-Handewitt (29:27) durch Schiedsrichterbestechung manipuliert zu haben. Es geht auch darum, den Verbleib von 152 000 Euro zu klären, die aus der Kasse des THW entnommen wurden. Beide Angeklagten und die polnischen Schiedsrichter des Endspiels, Miroslaw Baum und Marek Goralczyk, bestreiten die Vorwürfe. »Der Prozess wird zeigen, dass Uwe Schwenker niemals Schiedsrichter bestochen oder jemanden betrogen hat«, erklärten die Anwälte.

Billiger Welthandballer

Nach Darstellung der Verteidiger ist Schwenker lediglich Opfer einer großen Verschwörung. Den Löwen sei es allein darum gegangen, die beiden Spieler möglichst kostengünstig nach Mannheim zu lotsen. Diese Verhandlungen gelten in der Tat als eines der großen Rätsel in der Affäre, die am 28. Februar 2009 öffentlich wurde. Nachdem Serdarusic zwei Monate zuvor einen Vertrag bei den Löwen unterschrieben hatte, wollten auch Karabatic und Kavticnik dem Trainer nach Mannheim folgen. Serdarusic zufolge war vor allem Karabatic nötig, um Kiel den Meistertitel abjagen zu können.

Karabatic galt damals als bester Handballer der Welt. Umso bemerkenswerter ist die Aussage des Löwen-Gesellschafters Jesper Nielsens vor der Staatsanwaltschaft, Serdarusic habe bereits vor Weihnachten 2008 angedeutet, dass der Wechsel beider Profis ohne Ablöse machbar sei, obwohl sie an Kiel vertraglich bis 2012 gebunden waren. Sollte ein Erpressungsversuch tatsächlich stattgefunden haben, blieb er ohne Erfolg: Kiel forderte im Januar 2009 3,5 Millionen Euro für beide Spieler.

Die Beschuldigten nahmen die Nachricht überrascht auf. »Ich höre von den Vorwürfen das erste Mal«, sagte Geschäftsführer Thorsten Storm von den Löwen. »Es gab damals eine Forderung des THW, und wir haben dann ein schriftliches Angebot unterbreitet.« Dieses Angebot aus dem Februar 2009 lag bei insgesamt 1,35 Millionen Euro. Die Verhandlungen um die Ablöse erledigten sich, als die Löwen kurze Zeit später den Vertrag mit Serdarusic auflösten. Kurz zuvor hatte der Löwen-Beirat von zahlreichen Details der Manipulationen erfahren, die Serdarusic ausgeplaudert hatte.

Nielsen sagte auf Anfrage, die Vorwürfe seien ihm neu. Er hoffe nicht, dass Schwenker auch seinen Namen nenne, das sei für einen seriösen Geschäftsmann ein »ernsthafter Vorwurf«. Der Verteidiger von Noka Serdarusic wollte dazu keine Stellung nehmen.