Konzerne verschlafen Energiewende

Greenpeace wirft Energieriesen zu geringe Investitionen in Windkraft und Solarenergie vor

  • Katja Herzberg
  • Lesedauer: 3 Min.
Nach einer Untersuchung des Instituts für Ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) stecken die vier großen Energiekonzerne zu wenig Geld in erneuerbare Energien. Dabei sei ihr Engagement bei Großprojekten jetzt besonders gefragt, meint Greenpeace.
Eine mögliche Investition für Energiekonzerne: Solarthermische Parabolrinnenkraftwerke
Eine mögliche Investition für Energiekonzerne: Solarthermische Parabolrinnenkraftwerke

Die größten Energiekonzerne in Deutschland geraten in der Diskussion um den Atomausstieg und den Umbau des Energiesystems weiter unter Druck. Einer neuen Studie zufolge, die Greenpeace gestern in Berlin vorstellte, investierten E.on, Vattenfall, EnBW und RWE weiterhin zu wenig in erneuerbare Energien und verweigern sich damit der Energiewende.

Zu diesem Schluss kommt Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid angesichts der Studie »Investitionen der vier großen Energiekonzerne in Erneuerbare Energien«, die das IÖW im Auftrag der Umweltorganisation durchführte. Ihr Anteil an der Stromversorgung durch Wind- und Solarenergie lag demnach 2009 bei nur 0,5 Prozent, während Stadtwerke, Regionalversorger, Bürgerwindparks und Private 12,5 Prozent der 16 Prozent, die jenseits fossiler und Atomenergie erzeugt worden seien, produzierten. Gleichzeitig halten die Stromkonzerne mit 68 Prozent der Stromerzeugung eine marktbeherrschende Stellung. »So blockieren die vier Großkonzerne den Umstieg Deutschlands in eine sichere, saubere und klimafreundliche Zukunft«, erklärte Smid.

Die Investitionen der vier Konzerne in Strom aus Wind, Sonne und Biomasse hätten sich gegenüber 2007 nicht maßgeblich gesteigert und liegen bei nur 13 bis 20 Prozent der Gesamtinvestitionen. So könnten die klimapolitischen Zielvorgaben der EU und Deutschlands einer mindestens 35-prozentigen Stromerzeugung durch erneuerbare Energien nicht eingehalten werden, konstatierte der Hauptautor der Untersuchung, Bernd Hirschl. Selbst mit einem raschen Atomausstieg würde diese Marke nicht erreicht. Für die Energiewende seien jetzt Großinvestoren nötig, hieß es. »Gerade für den Bau von Offshore-Windparks braucht die Gesellschaft finanzstarke Großunternehmen, die mutig in Zukunftstechnologien investieren«, sagte Hirschl.

Auch Greenpeace-Experte Smid befürwortete den Ausbau von Offshore-Anlagen, wenn dafür auf fossile und atomare Energie verzichtet werde. Er hält eine »Anschubfinanzierung« in diesem Bereich für richtig. Es gehe jetzt aber ebenso um eine Systementscheidung im Stromgeschäft. Die Konzerne lägen nach Smid bei den erneuerbaren Energien derzeit im Hintertreffen. »Wenn sie sich weiterhin weigern, werden sie den Energiemarkt aufgeben müssen«, prophezeite Smid.

EnBW-Chef Hans-Peter Villis zeigte sich von der Greenpeace-Kritik unbeeindruckt. »Der Ausbau der Erneuerbaren Energien ist und bleibt ein ganz wesentlicher Schwerpunkt unserer Wachstumsinvestitionen«, sagte Villis zum Auftakt der EnBW-Hauptversammlung in Karlsruhe. Er sei überzeugt, dass der baden-württembergische Konzern einen »wichtigen Beitrag zum Umbau des deutschen Energieversorgungssystems« leisten könne. EnBW wolle künftig verstärkt auf dezentrale Erzeugung setzen und dafür Partnerschaften mit Kommunen, Stadtwerken und Herstellern aufbauen.

Jürgen Trittin, Grünen-Fraktionschef im Bundestag, hat den süddeutschen Bundesländern eine Blockadehaltung beim Ausbau der Windenergie vorgeworfen. »Wir müssen die Baublockade in Süddeutschland abräumen«, sagte Trittin der »Zeit« über bauliche Vorschriften in Baden-Württemberg. Um aus der Atomenergie auszusteigen, müssten mehr Windkraftanlagen installiert werden. Wer in diese investieren soll, ließ der Grünen-Politiker offen.

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