Radikal andere Sicht

Südwind-Institut untersucht seit 20 Jahren Weltwirtschaft

  • Mona Grosche
  • Lesedauer: 3 Min.
Das Südwind-Institut für Ökonomie und Ökumene feiert 2011 seinen 20. Geburtstag. Anlass genug, auf einer Konferenz am vergangenen Freitag in Bonn die Lage der Weltwirtschaft kritisch zu beleuchten.

»Ohne Eingriffe in die Eigentumsordnung wird es nicht gehen«, stellt Professor Dr. Birgit Mahnkopf von der Fachhochschule für Wirtschaft (FHW) in Berlin zu Beginn der Konferenz klar. Und das ist für sie »nur schwer vorstellbar innerhalb des kapitalistischen Systems«. Stattdessen fordert sie ein radikales Umdenken weg von der »Manie des Wachstums« und eine Unterordnung der Wirtschaft unter gesellschaftspolitische Ziele, damit »die Zukunft keine verlängerte Vergangenheit« wird.

Auch wenn wohl nicht alle der rund 150 Gäste aus Landes- und Bundespolitik und der entwicklungspolitischen Szene ihren Standpunkt teilen: Einig ist man sich auf der Konferenz »Kurswechsel: Für eine gerechte Weltwirtschaft«, dass gerade angesichts der Auswirkungen der Wirtschafts- und Finanzkrise ein Umdenken in der globalen Ökonomie dringend erforderlich ist.

Bereits seit 20 Jahren arbeitet der Gastgeber »Südwind. Institut für Ökonomie und Ökumene« mit Sitz in Siegburg bei Bonn zur Lage der Weltwirtschaft. Das Leitbild, das die Mitglieder der christlich orientierten Organisation eint, ist »wirtschaftliche, soziale und ökologische Gerechtigkeit weltweit«. Dabei ist es Südwind nicht nur wichtig, Themen wie Armut und Ausgrenzung von Frauen in die Öffentlichkeit zu bringen, sondern vor allem aus den »Erfahrungen und Anliegen der Armen« für die Zukunft zu lernen. So wird in Siegburg zu aktuellen wirtschaftspolitischen Themen wie den Gefahren des boomenden Palmölmarktes geforscht. »Instrumente und Handlungsmöglichkeiten für entwicklungspolitische Organisationen, Kirchen, Gewerkschaften, Politik und Unternehmen« zu entwickeln ist das erklärte Ziel der engagierten Christen.

Das spiegelt auch die Besetzung der Podien auf der Konferenz in Bonn wider: Gewerkschafter, Politiker und NGO-Vertreter aus Nord und Süd diskutieren mit Vertretern von Südwind über die globale Arbeitswelt und die Möglichkeiten eines anderen Wachstums. So etwa Namrata Bali aus Indien, die mit SEWA (Self Employed Womens Association) neue Wege in der Organisierung von Frauen begründete. »Klassische Gewerkschaftsmodelle« greifen in Indien nicht, berichtet sie, »der Anteil des informellen Sektors beträgt in Indien rund 93 Prozent, davon wird 60 Prozent der Arbeit von Frauen zu Hause erledigt«. Also entwickelte SEWA eigene Strategien für die Selbstständigen und organisiert die rund 1,3 Millionen Mitglieder in neun indischen Staaten in Kooperativen, die finanzielle und soziale Sicherheiten bieten. Eine Idee, die von den anderen Diskutanten, wie etwa Ingeborg Wick von Südwind, als beispielhaft gesehen wird: »Wir müssen uns zusammenschließen, auch hier«, fordert sie. Ob das geschieht, bleibt abzuwarten, beklagt Magret Mönig-Raane vom ver.di-Vorstand den Mangel an Eigeninitiative prekär Beschäftigter hierzulande trotz »sittenwidriger Löhne«.

Sicher ist, dass Südwind sich auch in den nächsten 20 Jahren dafür stark macht, dass die Wirtschaft auf die Bedürfnisse der Menschen ausgerichtet wird – und nicht umgekehrt.

Hintergrund

Das Südwind-Institut für Ökonomie und Ökumene ist ein wissenschaftliches Institut mit Sitz in Siegburg, das Recherchen zu weltwirtschaftlichen Themen durchführt. Das Institut entwickelt Instrumente und Handlungsmöglichkeiten für

entwicklungspolitische Organisationen, Kirchen, Gewerkschaften, Politik und Unternehmen. Südwind wurde am 28.01.1991 in Köln als gemeinnütziger Verein von Christen verschiedener Konfessionen gegründet. ND

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