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Leichter Mitreden

NRW-Landesregierung will Hürden für direkte Demokratie senken

  • Marcus Meier
  • Lesedauer: 3 Min.
Was Bürgerbegehren und Bürgerentscheide betrifft, so will sich NRW künftig am Vorbild Bayern orientieren.

Vergleicht man die direktdemokratische Praxis in den Ländern Bayern und Nordrhein-Westfalen, so stellt man fest: In beiden Bundesländern sind Bürgerbegehren und Bürgerentscheide auf kommunaler Ebene seit Mitte der 1990er Jahre möglich. Doch pro Einwohnermillion finden in Bayern rund zehn mal so viele Bürgerentscheide statt wie in NRW. Die Diskrepanz ist nicht ganz so hoch bei Bürgerbegehren, also bei jenen Unterschriftensammlungen, die bei Erfolg in einem Bürgerentscheid münden können: Drei zu eins für die Bayern, lautet hier das Ergebnis.

Dass NRW bei beiden Kennziffern schlechter abschneidet als Bayern, liegt an den hohen formalen und bürokratischen Hürden, monieren Kritiker. Allzu viele Themen sind von potenziellen Bürgerentscheiden ausgeschlossen. So dürfen die Menschen in Nordrhein-Westfalen nicht selbst über Bebauungspläne entscheiden oder kommunale Gebühren abschaffen. Die (auf-)begehrenden Bürger müssen einen detaillierten Plan vorlegen, wie durch einen etwaigen Bürgerentscheid entstehende Kosten ausgeglichen werden können. Bei 16 von 20 im Jahr 2010 abgelehnten Bürgerbegehren spielte ein als nicht hinreichend gut bewerteter Kostendeckungsvorschlag eine Rolle, rechnet der Verein »Mehr Demokratie« vor. Und das letzte Wort hat dabei ausgerechnet der Stadtrat – gegen dessen Entscheidungen sich die Bürgerbegehren meist wenden. Zwei Drittel der Bürgerbegehren werden in NRW schlicht nicht zugelassen.

Kommt es doch einmal zu einem Bürgerentscheid, dann scheitert er oft an der hohen Beteiligungshürde. 20 Prozent der Wahlberechtigten müssen dem Ziel eines Bürgerentscheides zustimmen. Mögen auch 99 Prozent der Wählenden für den Inhalt eines Bürgerentscheides stimmen – wird dieses Quorum mangels Wahlbeteiligung verfehlt, ist der Bürgerentscheid gescheitert.

Nun will NRW sich am bayerischen Modell orientieren: Die rot-grüne Minderheitsregierung will eine Reform der NRW-Gemeindeordnung auf den Weg bringen, die Hürden für Bürgerbegehren und Bürgerentscheid senkt. Erste Punkte wurden gestern bekannt: Insbesondere soll das Quorum gesenkt werden. In großen Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern soll es künftig bei 10 Prozent liegen, in Städten zwischen 50 000 und 10 000 Einwohnern bei 15 Prozent. In kleineren Städten soll es bei den bisherigen 20 Prozent bleiben. Auch die Zahl der Tabuthemen will NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) reduzieren. In Zukunft weniger verbindlich als bisher soll der Kostendeckungsvorschlag sein.

»Wir als LINKE begrüßen diese Ansätze als grundsätzlich positiv«, sagt Anna Conrads, innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion im NRW-Landtag. Doch bestünde für sie in vielen Fragen noch Informations- und Diskussionsbedarf. So fordern Conrads und Genossen ein Quorum von zehn bis maximal 15 Prozent. Sie wollen den Kostendeckungsvorschlag gänzlich gestrichen sehen. Und sie fordern obligatorische Bürgerentscheide bei bestimmten kommunalpolitischen Themen – so insbesondere bei geplanter Privatisierung kommunalen Eigentums. »Gerade da müssen«, so Conrads, »die Bürger das letzte Wort haben.«

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