nd-aktuell.de / 14.05.2011 / Kultur / Seite 25

Zensus

Bernd Zeller
Vignette: Bernd Zeller
Vignette: Bernd Zeller

Die Volkszählung hat begonnen, und Experten erwarten, dass einige Bundesländer weniger Einwohner aufweisen als angenommen. Demnach nimmt man an, dass die eigenen Annahmen nicht stimmen, aber um diese Annahmen zu bestätigen, muss man eben zählen.

Die einzige verlässliche Zahl nannte bisher der Bundespräsident mit der Adaption des Satzes »Wir sind 1 Volk«, aber auch er konnte nicht beziffern, wieviele er mit »wir« meint.

Festzustellen ist das Fehlen von Bevölkerung schon daran, dass sich weniger Proteste gegen die Datenerhebung regen als beim letzten Mal, als nur die alte Bundesrepublik betroffen war. Das muss an einem Mangel an Volk liegen.

Wenn tatsächlich Einwohner fehlen, stellen sich zwei Fragen. Die erste lautet: Wo sind die hin? Diese Formulierung lässt der Duden demnächst zu. Die Beantwortung dürfte schwer sein, denn die Verschwundenen wollen gewiss nicht gefunden werden. Sie halten sich womöglich an einem geheimen Ort auf, wo sie von der heimatlichen Verwaltung nicht erfasst werden.

Die zweite Frage betrifft die Länder und Städte mit geschrumpfter Bevölkerung, die nunmehr mit weniger Fördermitteln und Stimmgewichtung auskommen müssen. Wie jeder Verwaltungsexperte bestätigen kann, werden sie das auf keinen Fall tun. Stattdessen werden sie die Einwohnerzahl zumindest zum Zeitpunkt der Erhebung nach oben drücken, etwa indem man in leerstehende Wohnungen Kerzen stellt, damit sie bewohnt aussehen, oder man kündigt den Bau eines Atomkraftwerkes an, und wenn dann die Protestierer anreisen, werden sie als ansässig gezählt.

Es kann aber auch sein, dass Personen mit Hauptwohnsitz anwesend sind, von denen man gar nichts weiß. Das ist Pakistan mit Osama bin Laden passiert. Nachdem nun sicher ist, dass die Deutschen mehrheitlich eine Aktion wie die von Präsident Obama angeordnete ablehnen und einen Prozess befürworten, könnte sich der Nachfolger bin Ladens in Deutschland niederlassen und gerichtlich dagegen vorgehen, wenn private Videos veröffentlicht werden oder die Behauptung geäußert würde, er lasse sich den Bart färben.