Auch eine Frage des Geldes

Der evangelische Kirchentag kostet die öffentliche Hand 7,9 Millionen Euro. Daran gibt es Kritik

  • Marius Zippe, epd
  • Lesedauer: 4 Min.
Beim 33. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dresden geht es auch um die Finanzen. Neben einer politischen Auseinandersetzung über Veranstaltungen im Sächsischen Landtag stellten kritische Wortmeldungen vor dem Großereignis mehrfach die öffentlichen Zuschüsse für das Protestantentreffen infrage. Zu dem Treffen vom 1. bis 5. Juni werden rund 110 000 Dauergäste erwartet.

Dresden. Insgesamt verfügt der evangelische Kirchentag 2011 über ein Budget von 14 Millionen Euro. 7,9 Millionen steuert davon die öffentliche Hand bei. So zahlt der Freistaat Sachsen 5,5 Millionen Euro, die Stadt Dresden zwei Millionen und das Bundesinnenministerium 400 000 Euro. Neben den Zuschüssen aus staatlichen Kassen gibt die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Sachsens eine weitere Million hinzu.

Schätzungsweise 3,5 Millionen Euro Einnahmen erzielen die Veranstalter mit Eintrittskarten. Die normale Dauerkarte kostet 89 Euro, ermäßigt für Studenten und Behinderte 49 Euro, für Hartz IV-Empfänger 24 Euro. Verkauft werden auch Tageskarten. Auch zehntausende Helfer und Mitwirkende müssen zahlen. Sie erhalten allerdings Sonderkonditionen. An Vollzahler geht nach Angaben des Kirchentags deswegen nur ein kleiner Teil der Karten.

Einnahmen für die Region

Weitere Erlöse stammen aus dem Verkauf von Merchandising-Artikeln. So bieten die Veranstalter unter anderem Baby-Sets, T-Shirts, USB-Sticks, Tassen und Handtücher an. Gefragt sind daneben auch Spenden für das Glaubensfest. Größter privater Sponsor ist der VW-Konzern, der über 100 Fahrzeuge kostenfrei zur Verfügung stellt.

Mit den Einnahmen werden die Ausgaben zum Beispiel für Veranstaltungsräume, Bühnentechnik, Werbung, Honorare und Personal gedeckt. Größere Aufträge müssen die Kirchentagsveranstalter europaweit ausschreiben. Laut Veranstaltern bleiben aber sieben Millionen Euro in der Region Dresden. Zudem schätzen sie mit Verweis auf eine Marktforschungsstudie zum 32. Deutschen Evangelischen Kirchentag 2009 in Bremen, dass die Kirchentagsgäste über 20 Millionen Euro ausgeben. Demnach könne von einem regionalen Gesamtumsatz von über 27 Millionen Euro ausgegangen werden, heißt es. Neben zusätzlichen Ausgaben dürfte das Treffen auch dem Image Dresdens guttun und Gäste vielleicht zu weiteren Reisen nach Sachsen anregen. Dennoch finden sich Kritiker des Kirchentags. Als es im vergangenen Jahr bundesweit zu einer Diskussion um die Staatsleistungen an die Kirchen kam, gerieten auch die Zuschüsse für das anstehende Protestantentreffen ins Visier.

Mit Verweis auf die massiven Kürzungen im Landesetat kritisierten Politiker der Linkspartei und der im Freistaat mitregierenden FDP die Höhe der staatlichen Zuschüsse. So stichelte die Linksfraktion mit verschiedenen parlamentarischen Anfragen im Landtag. Dabei ging es um die Landesförderung allgemein, aber auch um die Honorierung von Kirchentagsdolmetschern und um Eintrittsgelder für Mitwirkende.

»Religionsfreie Zone«

Kritik an der Höhe der Landesförderung kam auch aus dem schwarz-gelben Regierungslager. So meldete sich der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Torsten Herbst, zu Wort. Im Dresdner Stadtrat regte sich zuletzt im April noch einmal Unmut bei der Linkspartei. Sie monierte, dass in den als Gemeinschaftsunterkünften genutzten Schulen zusätzliche Reinigungskosten in Höhe von 240 000 Euro entstünden. Zu den Kritikern zählt auch der Verein »GeFAHR«, der zum Kirchentag zahlreiche Veranstaltungen in einer »religionsfreien Zone« im Dresdner Kino Schauburg anbietet.

Für Sachsens Landesbischof Jochen Bohl sind das »Minderheitsmeinungen«, sowohl in der Politik als auch im Volk. Er verweist darauf, dass es bei den parlamentarischen Beratungen über die Beiträge von Freistaat und Stadt große Einmütigkeit gegeben habe.

Signal für Energiewende?

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, erwartet vom evangelischen Kirchentag in Dresden ein »kraftvolles Signal für eine nachhaltige Energiewende« in Deutschland. Er sei guter Hoffnung, dass der Ausstieg aus der Kernenergie gelingt, sagte der rheinische Präses in einem Gespräch mit dem epd. Dass der Papstbesuch im September den Kirchentag in der Rückschau auf das Jahr überstrahlen könnte, sieht Schneider nach eigenen Worten gelassen: »Man muss auch jönne könne!«

Alle zwei Jahre

Dresden (epd/ND). Der Deutsche Evangelische Kirchentag findet seit mehr als 60 Jahren an wechselnden Orten statt. Vom 1. bis 5. Juni ist der 33. Deutsche Evangelische Kirchentag in Dresden zu Gast. Er steht unter dem biblischen Leitwort »... da wird auch dein Herz sein«. Gegründet wurde der evangelische Kirchentag 1949 in Hannover. Gemeinsam mit Freunden initiierte der Theologe Reinhold von Thadden-Trieglaff (1891-1976) die von der Amtskirche unabhängige Bewegung. Zunächst fand der Kirchentag jährlich statt, seit 1957 dann alle zwei Jahre. Mit dem zeitlichen Abstand sollte ein jährlicher Wechsel mit dem Katholikentag möglich werden. In Zusammenarbeit mit dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken gab es 2003 in Berlin den ersten Ökumenischen Kirchentag, 2010 folgte der zweite in München.

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