Ausnahmen als Regel

Indonesisches Waldmoratorium enttäuscht Umweltschützer

  • Michael Lenz
  • Lesedauer: 3 Min.
Indonesiens Staatspräsident Susilo Bambang Yudhoyono hat vor wenigen Tagen das lange verzögerte Moratorium zum Schutz der Wälder und Torfgebiete als Kohlenstoffspeicher unterzeichnet. Dafür erhält das Land von Norwegen eine Milliarde Dollar.

Indonesien hat das alte Sprichwort »Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass« mit Leben erfüllt. 75 Prozent der durch das Moratorium geschützten 64 Millionen Hektar sind längst Schutzgebiete. Schutzlos bleiben die Sekundärwälder und auch die Tieflandregenwälder. Letztere sind Heimat bedrohter Tierarten wie Tiger und Orang Utan. »Für den Tieflandregenwald ist das Moratorium der Freibrief für ›business as usual‹«, kritisiert Peter Pratje, Leiter einer Orang-Utan-Auswilderungsstation am Rande des Bukit Tigapuluh Nationalparks auf Sumatra.

Das Moratorium ist Indonesiens Beitrag innerhalb einer Vereinbarung mit Norwegen zur Reduktion von Emissionen aus Entwaldung und Schädigung von Wäldern (REDD). In Kraft getreten war das Moratorium bereits zum 1. Januar 2011. Jedoch hatten Papierhersteller, Bergbaukonzerne, Palmölmultis, Energieunternehmen durch erfolgreiche Lobbyarbeit die Schaffung des gesetzlichen Rahmens für das auf zwei Jahre begrenzte Moratoriums verzögert.

Das Moratorium lässt viele Schlupflöcher für die Wirtschaft offen. »Die meisten der verbliebenen Wälder Indonesiens sind schon Sekundärwälder. Millionen Hektar können also weiterhin umgewandelt werden«, bemängelt die Umweltorganisation Wetlands International. Ausgenommen sind zudem jene Primärwaldgebiete, für die bereits Nutzungskonzessionen erteilt worden sind, sowie jene Flächen, die für die Energieversorgung Indonesiens gebraucht werden. Mit anderen Wort: Öl- und Gasbohrungen, Bergbau als auch der Bau von geothermischen Anlagen haben Vorrang vor dem Schutz der Wälder.

Der Schutz der Wälder ist von entscheidender Bedeutung, will Indonesien sein Ziel der Reduzierung seiner CO2-Emissionen zwischen 26 und 41 Prozent bis 2020 erreichen. Indonesien ist nach China und den USA der drittgrößte CO2-Emittent. Etwa 80 Prozent des indonesischen CO2-Ausstoßes sind der Entwaldung geschuldet. Experten schätzen, dass zwischen 1990 und 2010 pro Tag mehr als 3000 Hektar indonesischer Wald abgeholzt worden sind.

Eine andere Ursache für die Verzögerung des Präsidentendekrets war der Machtkampf zwischen dem Forstministerium und der REDD+ Task Force. Kuntoro Mangkusubroto, Chef der Task Force, gilt als integrer Mann und entschlossener Kämpfer gegen Korruption. Das Forstministerium, das die Konzessionen zur Nutzung der Wälder erteilt, hingegen steht in dem Ruf, eine der korruptesten Behörden Indonesiens zu sein.

Pratje will dafür kämpfen, dass die Pufferzone mit der Orang-Utan-Auswilderungsstation zwischen den Plantagen des Papierkonzerns Asia Pulp & Paper und dem Bukit Tigapuluh Nationalpark nicht zur Abholzung freigegeben wird. »Wir bemühen uns intensiv darum die alten Forstkonzessionen als ›ecosystem restoration concession‹ zu übernehmen. Immerhin hat der Präsident angekündigt, dass über drei Millionen Hektar mit diesem Instrument gemanagt werden sollen«, sagt Pratje und fügt hinzu: »Hoffentlich kommen wir nicht zu spät!«


Lexikon: Orang-Utan

Orang-Utans (Pongo) sind die einzige Gattung der Menschenaffen (Hominidae), die in Asien heimisch ist. Sie leben auf den südostasiatischen Inseln Sumatra und Borneo. Trotz Gemeinsamkeiten – rotbraunes Fell und überwiegend einzelgängerische Lebensweise – werden die Orang-Utan beider Inseln heute als zwei getrennte Arten angesehen: Borneo-Orang-Utan (Pongo pygmaeus) und Sumatra-Orang-Utan (Pongo abelii). Bei einer Kopf-Rumpf-Länge von 1,25 bis 1,5 Metern erreichen ihre Arme eine Spannweite von 2,25 Metern.

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