Reeder vermissen Hilfe

Streit mit der Regierung bei der Nationalen Maritimen Konferenz

  • Burkhard Ilschner, Wilhelmshaven
  • Lesedauer: 3 Min.
Die 7. Nationale Maritime Konferenz (NMK) der Bundesregierung ist am Sonnabend nach zweitägiger Dauer in Wilhelmshaven zu Ende gegangen, ohne dass ihr Ergebnis die Branche so richtig begeistern könnte.

Lob gab es und ein paar Nettigkeiten, nicht aber die erhofften finanziellen Zusagen. Heftige Worte kamen deshalb von Reedern, denen die Regierung Finanzhilfen drastisch zusammengestrichen hat. Werften, Zulieferer und auch die IG Metall hatten zudem gefordert, das Offshore-Förderprogramm des Bundes auch für Schiffbauer zu öffnen. In beiden Fragen allerdings blieb die Bundesregierung hart.

Maritime Wirtschaft, Abgeordnete und Wissenschaftler waren in die eigens für die Konferenz aufwändig errichtete Zeltstadt auf der öden Baustelle des Tiefwasserhafens Jade-Weser-Port gekommen, um über Schiffbau und Meerestechnik, Seeschifffahrts- und Hafenpolitik, Offshore-Windkraft und andere einschlägige Themen zu beraten.

Naturschützer, Gewerkschafter, LINKE, Kirchen, Bauern und Bürgerinitiativen hatten frühzeitig beschlossen, dem Rummel an der Tiefwasserkaje fernzubleiben und parallel zur NMK für Sonnabend in der Wilhelmshavener Innenstadt zur Gegenveranstaltung zu mobilisieren.

Nach der Eröffnung unter anderem durch den neuen Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) hatten sich am Freitag sechs Arbeitsgruppen mit den Sachfragen auseinandergesetzt. Zum Abschluss gab es dann noch einige Fensterreden von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), dem niedersächsische Ministerpräsidenten David McAllister (CDU) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU).

In der Sache gab es einige unstrittige Positionen, die trotz Detailunterschieden von allen Seiten nachdrücklich bekräftigt wurden: Bekenntnisse zum Ausbau der Seehäfen, Versprechen besserer Verkehrsanbindungen der Häfen seeseitig und ins Binnenland, der erwähnte Ausbau der Offshore-Windenergie, mehr Engagement in der Meerestechnik von der Rohstoffförderung bis zur Kohlendioxidlagerung – die Kanzlerin sieht die maritime Wirtschaft nach der Krise wieder auf Wachstumskurs.

Kernpunkt vergangener Konferenzen indes war das so genannte Maritime Bündnis – und das wackelt beträchtlich: Ins Leben gerufen, um die Ausflaggung zu stoppen sowie maritime Beschäftigung und Ausbildung zu stärken, bescherte dieses Bündnis den Reedern neben einer pauschalen Tonnagesteuer jahrelang weitere massive Finanzhilfen zur Senkung ihrer Lohnnebenkosten. Im Gegenzug sollten sie mehr und mehr ihrer Schiffe aus so genannten Billigflaggen zurückholen, was auch einen höheren Bedarf an deutschem nautischen Fachpersonal nach sich zieht und so mehr Ausbildung junger Menschen verlangt.

Durch die Regierungsbeschlüsse, im Zuge der Haushaltssanierung die Lohnkostenhilfe aktuell zu halbieren und demnächst auslaufen zu lassen, wird das Bündnis nach Auffassung von Reedern und Gewerkschaft ver.di einseitig aufgekündigt. Während Kanzlerin und Minister in Wilhelmshaven den Reedern zu wenig Rückflaggung vorwarfen, reagierten diese mit der Drohung weiterer Ausflaggungen. Gewerkschafter hingegen warnten vor negativen Folgen für die Ausbildung des nicht nur an Bord, sondern auch in maritimen Strukturen an Land dringend benötigten Nachwuchses. Der Streit um die Zukunft dieses Bündnisses, so ein Gewerkschafter, ist in Wilhelmshaven mitnichten beigelegt worden: »Das fängt erst an.«

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