Messen ohne Ende

Im märkischen Dorf Lindenberg wurde vor 100 Jahren der erste Luftfahrer-Warndienst gegründet

  • Heiko Prengel, dpa
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Traum vom Fliegen ging vor 100 Jahren in Erfüllung. Damals eroberten Ballonfahrer die Lüfte. Und im brandenburgischen Lindenberg nahm die erste Flugsicherung ihren Dienst auf.

Lindenberg. Erobert wurde der deutsche Luftraum von Ballonfahrern, nicht von Flugzeugpiloten. Im Jahr 1909 fand in Frankfurt am Main die »Internationale Luftschifffahrt-Ausstellung« statt. Die Vorläuferin der heutigen ILA war im Prinzip die Initialzündung für den Luftverkehr. »Danach stiegen immer mehr Ballonfahrer in den Himmel auf. Und es kam immer häufiger zu Unfällen«, erzählt Frank Beyrich.

Der Meteorologe arbeitet im Observatorium des Deutschen Wetterdienstes in Lindenberg (Oder-Spree). In dem Ort, rund 80 Kilometer von Berlin entfernt, startete 1911 der erste Luftfahrer-Warndienst Deutschlands seinen Dienst. Gegen die vielen Abstürze der Ballonfahrer musste schließlich etwas unternommen werden.

Per Drachen oder Ballon

Wissenschaftler sammelten in Lindenberg fortan wichtige atmosphärische Daten; Meldungen über Gewitter und Sturmböen etwa wurden telegrafisch ins ganze Reich übertragen. »Der Luftfahrer-Warndienst war praktisch der Vorläufer der Deutschen Flugsicherung«, sagt Beyrich. Am gestrigen Dienstag feierte Lindenberg den 100. Jahrestag der Gründung.

Ballone steigen in dem kleinen märkischen Dorf bis heute auf, um für den Deutschen Wetterdienst (DWD) meteorologische Daten in der Atmosphäre sammeln. Auch diese Praxis hat in Lindenberg lange Tradition. 1905 gründete der Wissenschaftler Richard Aßmann dort das »Königlich-Preußische Aeronautische Observatorium«.

Per Drachen oder Ballon wurden Messinstrumente in den Himmel geschickt, um in mehreren tausend Metern Höhe Luftfeuchtigkeit, Luftdruck oder Temperatur zu messen. Später verwendete man Radiosonden. Das Observatorium ist bis heute in Betrieb und neben dem im oberbayerischen Hohenpeißenberg das einzige des Deutschen Wetterdienstes. »Wir messen ohne Ende«, bemerkt Meteorologe Beyrich zum Alltag der Forscher.

Die historischen Lindenberger Wetterdrachen, Ballone und Messinstrumente sind mittlerweile in einem kleinen Museum zu sehen, das direkt neben dem DWD-Observatorium liegt. Es ist Deutschlands einziges Wettermuseum, wie der stellvertretende Leiter, Ralf Kraak, stolz betont. Erst 2006 wurde es gegründet – erstaunlich spät, spielt das Wetter doch seit jeher eine wichtige Rolle im Leben der Menschen. Keine Nachrichtensendung kommt ohne Prognose aus und haben sich einmal Menschen auch ansonsten nichts zu sagen, finden sie hier zumeist ein gemeinsames Thema.

Noch verhindert Platzmangel in Lindenberg, dass alle historischen Instrumente präsentiert werden können. »Wir sammeln gerade Geld, damit wir in ein größeres Gebäude umziehen können«, sagt Museumsleiter Kraak. In der Luftfahrt sind Ballonfahrer mittlerweile eine Seltenheit geworden. Dagegen muss die Deutsche Flugsicherung die unzähligen Flugzeuge koordinieren, die jeden Tag über Deutschland unterwegs sind.

Turbulenzen untersucht

»Das ist im Wesentlichen eine Sache der Flugleitung und nicht mehr der meteorologischen Vorhersage«, erläutert der DWD-Wissenschaftler Frank Beyrich. Was aber nicht heißt, dass das Wetter in der modernen Luftfahrt keine Rolle mehr spielt. So forscht Beyrich intensiv auf dem Gebiet der Turbulenzen. »Diese ungeordneten Luftbewegungen gelten als eines der großen ungelösten Probleme der Physik und Meteorologie«, sagt er. Wer schon geflogen ist, weiß wovon Beyrich spricht.


Moderne Probleme

Frankfurt am Main (dpa/ND). Der neue Tower am Frankfurter Flughafen hat in der Nacht zum Dienstag planmäßig seinen Betrieb aufgenommen – allerdings zunächst auf Kosten mehrerer Dutzend Flüge. Das Umschalten der Systeme sei »gut und ohne Störungen verlaufen«, sagte Axel Raab von der Deutschen Flugsicherung am Morgen. »Im Laufe des Tages wird es sicherlich wie angekündigt zu Verspätungen und Flugausfällen kommen«, erklärte er. Es könnten etwa 100 Flüge sein, die gestrichen werden müssten.

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