22. Juni 1941 – Der tiefe Schnitt

Veranstaltungen zum 70. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion

  • Ariane Mann
  • Lesedauer: 3 Min.
Moskauer Arbeiter hören die Nachricht vom Überfall .
Moskauer Arbeiter hören die Nachricht vom Überfall .

Der 22. Juni 1941 – ein Datum, eingebrannt in das Gedächtnis von Russen, Weißrussen und Ukrainern. Nicht wenige Deutsche können damit kaum etwas anfangen. An jenem Sommertag vor nunmehr 70 Jahren überfiel das nationalsozialistische Deutschland die Sowjetunion. Der Vernichtungskrieg im Osten, der mit dem Einmarsch in Polen im September 1939 begann, nahm eine neue Dimension an. 27 Millionen Menschen in der Sowjetunion starben in den Kriegsjahren bis 1945, 14 Millionen davon waren Zivilisten.

Wie geht man 70 Jahre danach mit den Opfern und Überlebenden, ehemaligen Zwangsarbeitern, Häftlingen in Konzentrationslagern und Kriegsgefangenen um? Welchen Platz haben sie in der deutschen und russischen Erinnerung – oder sind sie vergessene Opfer?

Das Deutsch-Russische Museum in Karlshorst führt in Zusammenarbeit mit Gedenkstätten, Stiftungen und Institutionen Veranstaltungen mit dem Ziel durch, die sowjetischen Opfer dieses Krieges stärker in die öffentliche Wahrnehmung zu bringen. Mit der Aufführung der »Leningrader Sinfonie« von Dmitri Schostakowitsch stand sollte am gestrigen Vorabend des 22. Juni mit einem Gedenkkonzert in der Berliner Philharmonie an das historische Datum erinnert werden.

Im Museum selbst stellt die Ausstellung »Juni 1941 – Der tiefe Schnitt« 24 Menschen vor, für die der 22. Juni 1941 zur Zäsur im Leben wurde. Ihre biografischen Fragmente stehen für Millionen Schicksale auf sowjetischer wie auch auf deutscher Seite.

Vor zehn Jahren wurde diese Ausstellung konzipiert und gezeigt. Das Museum hat sich entschlossen, sie abermals zu zeigen, »weil die Erinnerung an den Großen Vaterländischen Krieg auf der einen und der Vernichtungskrieg auf der anderen Seite im Begriff ist, auf die nächste Generation überzugehen. »Die große Bedeutung des ›tiefen Schnitts‹ im Leben unserer Großelterngeneration soll 70 Jahre danach auch unseren Kindern verständlich sein«, erklärt Museumsdirektor Jörg Morré. Derzeit wird sie auch in St. Petersburg gezeigt, später geht sie in Russland und Deutschland sowie in anderen europäischen Ländern auf Tour.

Am 22. Juni, 19 Uhr, wird in der Humboldt-Universität die Ausstellung »Russenlager und Zwangsarbeit« des Vereins Kontakte-Kontakty, unterstützt von der Stiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft, eröffnet. Erinnerungen ehemaliger sowjetischer Kriegsgefangener und ihre Porträts stehen im Mittelpunkt. Am gleichen Tag debattiert die Körber-Stiftung Fragen der deutschen und russischen Erinnerung an den 2. Weltkrieg, u.a. mit Egon Bahr und Irina Scherbakova von MEMORIAL aus Moskau.

Für die Stiftung EVZ steht das Gedenken an die zivilen Opfer des Zweiten Weltkrieges im Fokus. Dem hat sie eine Veranstaltungsreihe gewidmet. Am 27. September gibt es ein Podiumsgespräch über den Massenmord von Babij Jar »Das Schweigen ringsum schreit«. Alexander Popov, erster Vizepräsident der Bundesassoziation »Phönix aus der Asche – Die Überlebenden der Hölle des Holocaust e.V.«, macht auf die ungleiche soziale und rechtliche Stellung ehemaliger KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter aus dem einstigen sowjetischen Raum, die heute in Deutschland leben, aufmerksam. Der Verein setzt sich dafür ein, dass sie mit den Verfolgten des Naziregimes in Deutschland gleichgestellt werden.

In der Broschüre »Aus dem Schatten der Erinnerung« zum 70. Jahrestag des Überfalls auf die Sowjetunion wird vergessener Opfer des Vernichtungskrieges gedacht.

www.museum-karlshorst.de

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