Westerwelle zu Besuch beim Wunschpartner

Kolumbien erste Station in Lateinamerika

  • Lesedauer: 2 Min.
Von Gerhard Dilger, Porto Alegre

Drei Krisenländer in Lateinamerika stehen diese Woche auf dem Reiseprogramm von Außenminister Guido Westerwelle: Kolumbien, Mexiko mit seinem Drogenkrieg und sowie das erdbeben- und cholerageplagte Haiti.

Am Mittwochabend (Ortszeit) wollte Westerwelle in Begleitung seines Parteifreundes Markus Löning, dem Menschenrechtsbeauftragten der Bundesregierung, in Bogotá eintreffen. Während Löning an einem Seminar über Kindersoldaten teilnimmt, trifft Westerwelle Präsident Juan Manuel Santos, dessen erstes Amtsjahr gerade endet.

Der frühere Verteidigungsminister muss sich dieser Tage wieder verstärkt mit den »Revolutionären Streitkräften Kolumbiens« (FARC) befassen: Bei einem Überfall der Rebellen auf drei Städte im Südwesten starben am Wochenende sechs Menschen. Auch 47 Jahre nach Gründung der FARC ist immer noch kein Ende des Krieges und der humanitären Katastrophe in Sicht. Wie sein Vorgänger Álvaro Uribe will Santos die Rebellen militärisch niederringen. Nach den jüngsten Kampfhandlungen hat er jetzt die Häuser von Zivilisten, die von Guerilleros benutzt werden, zu militärischen Zielen erklärt – ein höchst umstrittener Vorschlag.

Wegen des Mehrfrontenkonflikts zwischen Aufständischen, der Armee und rechtextremen Paramilitärs gilt jeder zehnte der 45 Millionen Kolumbianer als Binnenflüchtling. Politisches Engagement bleibt in vielen Teilen Kolumbiens lebensgefährlich: Seit Santos' Amtsantritt sind Dutzende Menschenrechtler und Gewerkschafter ermordet worden, ebenso mindestens 16 Sprecher von Kleinbauern, die sich für die Rückgabe ihres Landes einsetzen.

Andererseits wurde auf Initiative der Regierung vor kurzem ein »Gesetz für Opfer und Landrückgabe« verabschiedet, das auch Menschenrechtler prinzipiell begrüßen. Es sieht Entschädigungszahlungen für Menschen vor, die ab 1985 Opfer politischer Gewalt wurden. Von bewaffneten Gruppen vertriebene Kleinbauern sollen innerhalb von zehn Jahren insgesamt 6,6 Millionen Hektar Land zurückerhalten. »

Ebenso wie Mexiko gilt das seit jeher rechts oder rechtsliberal regierte Kolumbien für die schwarz-gelbe Bundesregierung als Wunschpartner auf einem Kontinent, auf dem nun überwiegend linke oder sozialdemokratische Präsidenten den Ton angeben. Westerwelles Parteifreund Entwicklungsminister Dirk Niebel setzte letztes Jahr sogar eine Kooperation deutscher Experten mit den kolumbianischen Behörden in der umkämpften FARC-Hochburg Macarena durch.

Doch das Projekt, durch das angeblich die Landvergabe an Kleinbauern mit vorbereitet werden soll, steht bislang nur auf dem Papier. Dagegen werden Kleinbauern durch Ölpalmenplantagen verdrängt. Deutschland gehört zu den größten Abnehmern des daraus gewonnenen Agrosprits. Kirchliche Hilfswerke aus Deutschland, die Niebels Vorstoß damals heftig kritisierten, sehen sich in ihrer Einschätzung bestätigt. Menschenrechte würden in Macarena weiterhin massiv verletzt, soziale Fragen kämen hingegen zu kurz.

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