»Kai Rosenthal«

TV-Tipp: Ab heute wieder – »Dalli Dalli«

  • Jan Freitag
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn es ums Showgeschäft geht, ist oft von guten alten Zeiten zu hören: Kuhlenkampff, Carrell und Köbbert, Thoelke und Torriani: Was für Namen, welch ein Klang. Und wie viel Langeweile. Gegen Kulis Gesprächsfetzen wirken Gottschalks Interviews nun fast journalistisch, nach zwei Minuten Blabla bei Blacky Fuchsberger, sehnt man sich nach Bohlens Verbalmüll.

Nur eines wirkt noch: »Dalli Dalli« von und mit Hans Rosenthal. Der Titel stammt vom polnischen dalaj, was in etwa »Beeilung« heißt, doch der große Spieltrieb des kleinen Entertainers forcierte das betuliche Tempo seiner Epoche nicht nur im Titel – »Dalli Dalli« war Programm und hat 2011 gleich dreifach Grund zu feiern. 40. Wiegenfest, 25. Todestag und die Wiedergeburt.

Nun wird also wieder am Denkmal gerüttelt, auf N3, statt im ZDF, mit Kai Pflaume (Foto: dpa) als Hans Rosenthal. Kulissen, kindliche Freude, Jan Hofer als Jurychef, selbst die Musik – alles ähnlich und doch so anders als in den 153 Ursprungsfolgen.

Es gibt zwar die alte Wabenwand und Teamnamen wie »Männer« gegen »Mattscheibe« zur Premiere. Es gibt die »Dalli-Tonleiter«, »Dalli-Klick«, und das Duo Lauterbach/Ochsenknecht gewinnt im Laufe von 60 Minuten fast so viel Spaß an der Sache wie die einstigen Dauergäste Roberto Blanco und Mike Krüger.

Doch es reicht nie zum Geist des Vergangenen, diesem Charme des Reduzierten. Und das liegt noch nicht mal an den Lücken, die Schiedsrichter Ekkehard Fritsch, seine Beisitzerin Brigitte Xander, Assistentin Monica, Schnellzeichner Oscar, die Live-Band mit Heinrich Riethmüller am Klavier oder all die Polyesterhemden im Publikum hinterlassen. Der Grund liegt woanders: Nostalgie lässt sich nicht erneuern.

Vielleicht wird deshalb so ein Geheimnis ums Plagiat gemacht. Um die erste von neun abgedrehten Shows vorab zu sehen, muss man persönlich beim NDR in Hamburg vorstellig werden. Ob Kai Pflaume hochspringt, wenn das Publikum etwas Spitze findet, dazu bittet der NDR um Stillschweigen.

Rätselhaft bleibt die Besetzung.

Pflaume, so heißt es, habe wie Rosenthal laut Schreiber »ehrliches Interesse an Menschen«. Vom Typ her verschieden, von der Mentalität her ähnlich, besäßen beide »große Spiellust«. Die glatte Gefühlsfassade Pflaume mit Rosenthal, dem netten Herrn Nebenan, zu vergleichen, grenzt an Selbstbetrug. Denn »Hänschen« konnte gar nicht anders, als empathisch zu sein, Kuppelmutter Kai dagegen hat sich die Empathie bis zur Könnerschaft bloß antrainiert. Für fröhliches Familienfernsehen zu karitativen Zwecken mag das reichen, für echten Respekt ist es zu wenig.

Ab heute, NDR, 22 Uhr.

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