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Happy End für Kleinod im Zentrum Berlins

Stiftung Denkmalschutz zieht ins Nicolaihaus / Weitere Mieter werden noch gesucht

  • Anouk Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Für eines der ältesten Wohnhäuser der Stadt, architektonisch wie geschichtlich ein echtes Kleinod, zeichnet sich ein Happy End ab: Das Nicolaihaus in der Brüderstraße in Mitte ist seit gestern offiziell im Besitz der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, die voraussichtlich Ende 2012 das neue Domizil beziehen wird. Erst muss das Gebäude jedoch saniert werden.

Mit der symbolischen Schlüsselübergabe im weinumrankten barocken Innenhof hat das Rätselraten um die Zukunft des Nicolaihauses nun endlich ein Ende. Und zwar ein gutes: Der einstige Wohn- und Verlagssitz von Friedrich Nicolai, um 1800 eines der intellektuellen Zentren der Stadt und nach wechselhafter Nutzung seit 2007 geschlossen, soll nach der Sanierung nicht nur der Stiftung Denkmalschutz als neue Repräsentanz dienen, sondern mit Konzerten, Vorträgen und anderen Veranstaltungen auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Vor allem die großen Räume im Erdgeschoss des Vorderhauses, wo einst die Verlagsbuchhandlung von Nicolai untergebracht war, dürften sich dafür eignen; steigt man die Treppe mit ihrem prachtvoll geschnitzten barocken Geländer in den ersten Stock hinauf, tut sich eine wahre Flut an Räumen auf, die ihrer künftigen Bestimmung harren. »Wir suchen weitere Mieter, die zu uns passen«, so Dr. Rosemarie Wilcke, Vorstandsvorsitzende der Denkmalschutz-Stiftung. Bei den privat vermieteten Wohnungen bleibt alles beim Alten.

Den Kaufpreis und die veranschlagten Kosten für die Renovierung wollte Geschäftsführer Dr. Wolfgang Illert partout nicht verraten. Er betonte aber, dass weder Spendengelder noch Zuwendungen aus der »Glücksspirale« dafür eingesetzt wurden; vielmehr stammten die Mittel aus einer erheblichen Erbschaft, die der Stiftung kürzlich zufiel. Momentan findet die für solch sensible Baumaßnahmen erforderliche Bauforschung statt, danach wird ein Bauantrag eingereicht. Zuständig für die Sanierung, die auch behutsame Umbauten umfasst, ist das auf historische Substanz spezialisierte Brandenburger Architekturbüro Krekeler. Nach der Sanierung will die Stiftung hier ihre bisher in Potsdam und Berlin verstreuten Standorte zusammenfassen und mit 18 Mitarbeitern einziehen.

»Ein glücklicher Tag ist das«, jubelt Dieter Beuermann, 30 Jahre lang Eigentümer der Nicolaischen Verlagsbuchhandlung und Vorsitzender des 2008 gegründeten Freundeskreises Nicolaihaus Berlin, bevor er beschwingt eine Kurzführung durch das Haus antritt. Kaum einer kennt das Gebäude so gut wie er, und trotzdem gerät er immer noch ins Schwärmen angesichts der einst rund um den Innenhof laufenden Holzgalerie, von der heute nur noch Teile vorhanden sind, oder des Foyers im Quergebäude mit seinen Steinreliefs, der aus dem Waidinger-Haus geretteten Treppe im Schinkelschen Stil, dem hohen Fenster mit den farbigen Ornamenten oder der Papiertapete mit ihren Tiermotiven.

1700 Quadratmeter beinhaltet das Gebäude, das um 1670 auf bestehenden, zum Teil mittelalterlichen Fundamenten errichtet und mehrfach umgebaut bzw. erweitert wurde. 1747 erwarb der Unternehmer Johann Ernst Gotzkowsky das Haus und gab dort große Empfänge, 1787 kaufte es der Philosoph, Verleger und Schriftsteller Friedrich Nicolai und ließ es durch Carl Friedrich Zelter umfassend umbauen – aus den riesigen Räumen wurden viele kleinere, da Nicolai und seine Familie den ersten Stock als Wohnraum nutzte. Die Brüderstraße war damals eine hervorragende Adresse, mit erstklassigen Hotels, Weinkellern und Buchhandlungen, und das Nicolaihaus galt als zentrale Begegnungsstätte der literarischen Aufklärung. Später diente das prachtvolle Bürgerhaus als Zwangsquartier für Soldaten und als Museum. Im Krieg beschädigt, wurde es 1950 wieder aufgebaut und war 40 Jahre lang Sitz des Zentralinstituts für Denkmalpflege der DDR. Ab Ende der 90er war die Stiftung Stadtmuseum Träger des Hauses, dann der Liegenschaftsfonds. 2009 plante Suhrkamp, das Nicolaihaus zum neuen Verlagssitz zu machen, überlegte es sich dann aber offenbar anders. Somit schließt sich mit dem Einzug des neuen Eigentümers der Kreis.

Foto: dpa/Soeren Stache

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