»Die Verleger werden hektisch«

Die Streiks der Redakteure in Tageszeitungen werden vor der nächsten Tarifverhandlung am Dienstag intensiviert

  • Gesa von Leesen
  • Lesedauer: 3 Min.
Nun werden auch in Bayern die Zeitungen dünner. Nach Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen haben am Donnerstag 99 Prozent der aufgerufenen Redakteure bayerischer Tageszeitungen in einer Urabstimmung für unbefristete Streiks gestimmt.

Damit erhöht sich der Druck auf die Tarifverhandlungen für die bundesweit 14 000 Redakteure an Tageszeitungen. Am kommenden Dienstag werden Gewerkschaften und Arbeitgeber in Hamburg wieder zusammensitzen.

In den vergangenen Wochen wurden zeitweise mehr als 50 Titel in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen bestreikt. Ob »Stuttgarter Zeitung«, »Mannheimer Morgen«, »Kölner Stadtanzeiger« oder »Herforder Kreisblatt« – diejenigen, die täglich für ordentliche Informationen sorgen, recherchieren und werten, ließen die Computer in ihrer Redaktion ausgeschaltet. In den Gewerkschaften ver.di und DJV (Deutscher Journalistenverband) ist man froh über die Kampfbereitschaft. Matthias von Fintel, bei ver.di der zuständige Tarifsekretär: »Das ist beileibe keine Selbstverständlichkeit.« Nun sind auch die Redakteure der Süddeutschen Zeitung, der Nürnberger Nachrichten und weiterer elf Titel in Bayern aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. Acht Redaktionen sind bereits seit Mittwoch in einem Warnstreik.

Den streikenden Journalisten geht es in dieser Tarifrunde vor allem um die Abwehr schlechterer Arbeitsbedingungen für die zukünftigen Generationen von Redakteuren. Der Bund Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) will ein zweites Tarifwerk für Berufsanfänger, wonach Jungredakteure nach Studium und Volontariat bis zu 25 Prozent schlechter gestellt werden sollen. Mit Verweis auf wirtschaftlich schwierige Zeiten fordert der BDZV zudem längere Arbeitszeiten ohne mehr Lohn, Streichung des Urlaubsgeldes und Einschnitte in der Altersversorgung. Die Redakteure und Redakteurinnen sehen darin auch eine Herabsetzung ihrer Arbeit. Mit ihren Gewerkschaften fordern sie, den Manteltarifvertrag unverändert zu lassen und vier Prozent mehr Lohn, zumal die Verleger für das vergangene Jahr ein Umsatzplus vermeldet haben.

Die Streikenden begnügen sich nicht damit, die Arbeit ruhen zu lassen. Sie verteilen Flugblätter in Einkaufszonen, sammelten in Stuttgart Geld für ihre »armen Verleger« (Erlös: 36,07 Euro), schalten Anzeigen, informieren übers Internet. Der Wirtschaftsminister von Baden-Württemberg, Nils Schmid (SPD), sprach den Redakteuren auf einer Versammlung Mut zu: »Guter Journalismus ist unverzichtbar für die Demokratie. Es geht jetzt darum, ob sich Billigjournalismus durchsetzen wird.« In München erklärte Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) am Mittwoch: »Die Verleger sollen ihrer Rolle gerecht werden und Herausgeber sein statt Herausnehmer.«

Die vielen Aktionen zeigen immerhin eine Wirkung. Tarifsekretär von Fintel: »Die Verleger werden hektisch.« Die ursprünglich für Mitte August vorgesehene nächste Verhandlung wurde auf ihren Wunsch überraschend auf Dienstag vorverlegt. »Bislang zeigen die Verleger allerdings keine Einsicht«, so von Fintel. Um ihnen Einsicht zu erleichtern, werden die Streiks auf diesen Tag hin intensiviert werden. »Ab heute (Freitag) gehen die Kollegen im Rheinland in den Ausstand, also Redaktionen im Köln-Bonner Bereich«, erklärt Jutta Klebon von ver.di Nordrhein-Westfalen. Auch in Bayern und Baden-Württemberg wird auf Dienstag hin der Druck mit zusätzlichen Streikbetrieben verstärkt werden.

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